De Maizière rechtfertigt Zögern bei Drohnen-Stopp
Berlin (dpa) - Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat das Zögern vor dem Stopp des Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ gerechtfertigt. „Wenn wir bei komplizierten Beschaffungsvorhaben bei jedem Problem komplett die Reißleine ziehen würden, dann hätten wir gar keine Rüstungsprojekte“, sagte er.
Der CDU-Politiker bekannte sich klar zu einer Mitverantwortung für das Scheitern: „Ich bin der zuständige Ressortminister und trage Verantwortung für das, was in meinem Geschäftsbereich passiert.“ Als erste Konsequenz aus dem Debakel will de Maizière das Parlament künftig früher über Probleme informieren.
Das Verteidigungsministerium hatte die Beschaffung der Aufklärungsdrohne erst vorige Woche gestoppt, obwohl es die Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum schon Ende 2011 kannte. Dem Bundeshaushalt ist dadurch ein Schaden von mindestens 300 Millionen Euro entstanden. Insgesamt hätte die Beschaffung der „Euro Hawk“-Drohnen mehr als eine Milliarde Euro gekostet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter das Krisenmanagement ihres Verteidigungsministers. „Die Aufarbeitung der Vorgänge rund um den "Euro Hawk" seit immerhin 2001, also über verschiedene Bundesregierungen und mehrere Legislaturperioden hin gestreckt, liegt bei Minister de Maizière in den besten Händen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
De Maizière hatte nach dem Scheitern von „Euro Hawk“ eine 40-köpfige Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse er aber erst am 5. Juni präsentieren will. Neben diesem Zeitplan kritisiert die Opposition auch, dass die Arbeitsgruppe von dem für Rüstung zuständigen Abteilungsleiter Detlef Selhausen geleitet wird.
Personelle und fachliche Konsequenzen will de Maizière erst mit Vorstellung des Untersuchungsberichts am 5. Juni ziehen. Eine erste Neuregelung kündigte er aber jetzt schon in seinem ersten Interview nach der „Euro Hawk“-Pleite an. Er schlug vor, jedes Quartal oder jedes halbe Jahr dem Verteidigungsausschuss des Parlaments einen Bericht über alle größeren Beschaffungsvorhaben mit allen Problemen abzugeben. „Das wird dann nicht geheim bleiben, das wird zu gewaltigen Diskussionen führen, aber wenn der Ausschuss das möchte, bin ich dazu bereit.“
Trotz des „Euro Hawk“-Debakels will de Maizière weiter in Drohnen-Technologie investieren. „Das ist eine riesige Zukunftstechnologie in Deutschland und Europa. Wir können und sollten uns davon nicht abkoppeln“, sagte er. Das Verteidigungsministerium will neben Aufklärungsdrohnen möglicherweise auch Kampfdrohnen für die Bundeswehr anschaffen. Die Entscheidung darüber soll aber erst nach der Bundestagswahl fallen.
Unklar blieb am Freitag, wann das Finanzministerium von dem Drohnen-Debakel wusste. Eine Sprecherin konnte auf Nachfrage den Zeitpunkt nicht nennen.
Druck bekommt de Maizière inzwischen auch vom Koalitionspartner FDP. Die liberale Verteidigungspolitikerin Elke Hoff sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag), sie habe gegenüber dem Verteidigungsministerium schon 2012 Bedenken gegen ein Drohnen- Programm der Nato geäußert. „Mit meinen Bedenken war ich nicht allein, die Skepsis war auch bei Fraktionskollegen vorhanden“, sagte sie. Für das immer noch mit deutscher Beteiligung laufende Programm sollen „Global Hawk“-Drohnen angeschafft werden, die der „Euro Hawk“ ähneln und bei denen es möglicherweise ebenfalls Zulassungsprobleme gibt.
Linksfraktionschef Gregor Gysi rechnet fest mit personellen Konsequenzen aus der Affäre. Den Rücktritt des Ministers wolle er aber „noch nicht“ fordern, sagte er im Deutschlandfunk. „Dazu muss ich die Dinge genauer wissen.“