SPD-Minister gegen Finanztransaktionssteuer in geplanter Form
Stuttgart/Berlin (dpa) - Als erster führender SPD-Politiker ist Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid auf Gegenkurs zur Finanztransaktionssteuer in ihrer geplanten Form gegangen.
In einem Schreiben an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verweist er auf negative Folgen für Wirtschaft und Privathaushalte und mahnt eine „sachgerechte Ausgestaltung“ der Steuer auf Börsengeschäfte an. Die Bundesregierung sagte am Freitag zu, die Bedenken Schmids sowie von Landesbanken zu prüfen. Die Bundes-SPD blieb bei ihrer Forderung nach einer Transaktionssteuer.
Union und FDP reagierten mit Häme. Denn die SPD hatte der schwarz-gelben Koalition bisher immer vorgeworfen, sich zu wenig für die Finanzsteuer einzusetzen. Scharfe Kritik an Schmid kam von den Linken. Deutschland und weitere zehn EU-Länder wollen die Steuer auf Börsengeschäfte einführen. Wann die Abgabe kommen und welche Transaktionen sie wie treffen wird, ist noch offen.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles betonte, die Position der SPD sei klar: „Wir wollen, dass die Finanzmärkte endlich an den Kosten der von ihnen verursachten Krise beteiligt werden. Die Transaktionssteuer ist dafür der richtige Weg.“
In dem Brief an Schäuble schreibt Schmid, die Landesbank Baden- Württemberg habe mögliche Folgewirkungen untersucht: „Sollte die Finanztransaktionssteuer entsprechend den bisherigen Plänen eingeführt werden, dürften sich nach ersten Abschätzungen gravierende Auswirkungen in bestimmten Marktsegmenten (Geldmärkte und Kapitalmärkte) ergeben“, heißt es. Schmid befürchtet, dass Unternehmen ihren kurzfristigen Kreditbedarf schwerer und nur zu deutlich gestiegenen Preisen decken könnten.
Eine Sprecherin Schäubles erklärte, diese Argumente würden wie alle anderen ernst genommen und berücksichtigt in den Verhandlungen auf EU-Ebene über die Ausgestaltung der Steuer.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erklärte, die in der Sache vollkommen berechtigte Kritik, die die Liberalen schon seit Jahren deutlich machten, werde bei den „finanzpolitischen Betonköpfen“ in der SPD-Zentrale auf taube Ohren stoßen. Nach den Worten von FDP- Experte Volker Wissing zeigt der Brief Schmids, mit welcher „Naivität“ und „Blauäugigkeit“ die SPD die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer vorangetrieben habe.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag), auf das Wort der SPD sei offensichtlich erneut kein Verlass: „Egal ob Agenda 2010, Tempolimit, Mütterrente oder Finanztransaktionssteuer: Bei den Genossen gilt schon am nächsten Tag nicht mehr das, was sie noch gestern lautstark forderten.“
Ein Sprecher des Finanzministeriums in Stuttgart betonte, dass Schmid nicht generell gegen die Steuer sei. Er sehe sich auf Linie der SPD, für die eine solche Steuer wichtiges Wahlkampfthema ist. Jedoch sei die aktuell vorgesehene Fassung der EU-Kommission „Mist“ und würde vor allem Genossenschaftsbanken und Sparkassen treffen.
Nach Meinung von Michael Schlecht von den Linken wäre Schmid in der FDP besser aufgehoben. Der stellvertretende Ministerpräsident in Baden-Württemberg werde für die SPD zu einem größeren Risiko.