Debatte über Zuwanderung ausländischer Fachkräfte

Berlin (dpa) - CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich hat die Haltung der Wirtschaft bei der Suche nach ausländischen Fachkräften kritisiert.

„Es geht nicht, dass die Wirtschaft die Zuwanderung von Ingenieuren und anderen Fachkräften verlangt und unseren gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt nicht im Blick hat“, sagte Friedrich in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Die Unternehmen müssen sich vielmehr darüber im Klaren sein, dass sie die Lösung des Fachkräfteproblems selber in der Hand haben.“ Sie könnten Hilfe von der Politik bekommen. „Aber wir können nicht die Entscheidung in Unternehmen ersetzen, attraktive Angebote an Arbeitskräfte zu machen.“

Der CSU-Politiker rechnet zum 1. Mai mit einer „massiven Erweiterung“ des Arbeitsmarktes. Ab dann können Arbeitnehmer aus acht mittel- und osteuropäischen EU-Staaten ohne Restriktionen in jedem EU-Land arbeiten. „Unsere Unternehmen müssen viel stärker europäisch denken, was den Arbeitsmarkt angeht. Es geht um hoch qualifizierte Arbeitskräfte in Europa, und da muss nicht immer nach dem gut ausgebildeten Vietnamesen oder Chinesen gefragt werden“, sagte Friedrich. „Jeder arbeitslose Spanier, jeder arbeitslose Ire, jeder arbeitslose Jugendliche in Europa ist einer zu viel.“ Die Möglichkeiten würden nicht genug ausgeschöpft.

Union und FDP streiten darüber, wie mehr ausländische Fachkräfte beschäftigt werden können, um Engpässe in Deutschland abzufedern. Die FDP will die Mindesteinkommensgrenze für Experten aus dem Ausland von 66 000 Euro auf 40 000 Euro senken. Das lehnt die Union - vor allem die CSU - ab. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will den Zuzug gut ausgebildeter Fachkräfte auch gegen Widerstände in der Koalition fördern. Sie hatte vorgeschlagen, die Vorrangprüfungen für heimische Arbeitskräfte in bestimmten Branchen auszusetzen.

Verdi-Chef Frank Bsirske sprach sich dafür aus, die Zuwanderung von Fachkräften mit einem Punktesystem zu regeln. „Kanada und Australien mit den Systemen regulierter Zuwanderung durch ein Punktesystem geben durchaus Vorbilder ab“, sagte Bsirske der Nachrichtenagentur dpa.

Bsirske sagte, am deutlichsten gebe es einen Fachkräftemangel in den sozialen Berufen. Er nannte Lehrkräfte, Erzieher, Krankenpfleger, Ärzte und Altenpfleger als Beispiele. „Das sind Bereiche, in denen deutlich mehr investiert werden muss, um die finanzielle Attraktivität der Berufe und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.“ Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass Kinder und Jugendliche mit ausländischen Wurzeln in Deutschland bessere Chancen auf einen Bildungs- und Berufsabschluss bekämen.

Auch Friedrich prangerte Defizite bei der Attraktivität deutscher Unternehmen an. „Dass so viele Leute aus Deutschland weggehen, liegt nicht an unserem Zuwanderungsrecht“, sagte der Chef der CSU- Landesgruppe im Bundestag. „Die Unternehmen müssen außerdem für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen.“