Debatte um Atomausstieg reißt nicht ab
Berlin (dpa) - Das Tempo beim Atomausstieg bleibt umstritten. Im Bundestag zeichnete sich am Freitag keine Annäherung zwischen Koalition und Opposition ab, und auch im schwarz-gelben Regierungsbündnis dauert die Debatte an.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sieht beim Koalitionspartner breite Unterstützung für seinen Kurs, die älteren Atomkraftwerke dauerhaft abzuschalten. Die CDU-Spitze hat hingegen noch Abstimmungsbedarf mit der Parteibasis.
Im Bundestag stimmte die schwarz-gelbe Mehrheit gegen mehrere Anträge, in denen sich die Opposition für einen möglichst raschen Atomausstieg stark gemacht hatte. Darin war unter anderem die Rede davon, den Ausstieg von 2022 auf das Jahr 2017 vorzuziehen. Lindner bezeichnete einen solchen Zeitplan als „schöne Utopie“. Für den Übergang würden die neueren Kernkraftwerke noch benötigt. „Sonst wird Energie teuer oder schmutzig.“
Einem Zeitungsbericht zufolge planen CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Bundesumweltminister Norbert Röttgen am 2. Mai in Berlin eine Parteikonferenz. Dort solle mit Umwelt- und Wirtschaftspolitikern aus der Bundestagsfraktion und den Landesverbänden über kürzere Laufzeiten und einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien diskutiert werden, berichtet die „Financial Times Deutschland“ (Freitag).
Lindner rechnet schon jetzt damit, dass die sieben ältesten Atomkraftwerke, die im Rahmen des dreimonatigen Moratoriums abgeschaltet wurden, nicht wieder ans Netz gehen. „In vielen FDP-Landesverbänden, in der CDU und der CSU wird so gedacht“, sagte Lindner der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag).
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) hatte allerdings dafür plädiert, die als sicher erkannten Meiler nach Ablauf des Moratoriums wieder hochzufahren. Seine Fraktionskollegin Marie-Luise Dött (CDU) bekannte sich zwar zu einem beschleunigten Ausstieg, warnte aber vor überstürzten Entscheidungen. „Einen Umbau Hals über Kopf nach dem Motto "koste er, was er wolle", ist mit uns nicht machbar.“
Sie reagierte damit auf die Forderung von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nach einem „neuen Konsens“ in der Atompolitik. Als Kernpunkte nannte der ehemalige Umweltminister eine endgültige Abschaltung der ältesten Kraftwerke sowie die Rücknahme der im Vorjahr beschlossenen Laufzeitverlängerung. Manfred Grund von der CDU betonte hingegen, bei einem solchen Konsens müsse sich die Opposition auch zu einem beschleunigten Netzausbau bekennen, statt gegen den Neubau von Hochspannungsleitungen zu demonstrieren.
Die Bundesbürger gehen bereits deutlich auf Distanz zur Atomkraft. Lediglich fünf Prozent von ihnen halten diese Form der Energieerzeugung für zukunftsfähig, ergab Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). „Die Atomenergie hat durch die Reaktorkatastrophe in Japan weiter an öffentlichem Ansehen verloren“, resümierten die Marktforscher. Im Januar hatte sich noch jeder zehnte Befragte für Kernkraftwerke ausgesprochen.