Denkzettel für Gysi und Wagenknecht in Linksfraktion

.Berlin (dpa) - Gegenwind für Gregor Gysi, holpriger Start für Sahra Wagenknecht: Bei der Wahl des Fraktionsvorstands zeigt sich die Linke im Bundestag alles andere als einig. Die Harmonie des Programmparteitags ist längst verflogen

Für den 63-Jährigen Gysi stimmten am Dienstag nur 81,3 Prozent der 75 anwesenden Abgeordneten, 2009 waren es noch 94,7 Prozent gewesen. Auch die Parteilinke Sahra Wagenknecht erhielt bei ihrem Aufstieg in die Führungsriege einen Dämpfer: Mit 61,8 Prozent wurde sie zur ersten Stellvertreterin Gysis gewählt.

Die frauenpolitische Sprecherin Cornelia Möhring erhielt bei der Wahl zur weiteren ersten Stellvertreterin sogar nur knapp über 50 Prozent. Gysi hatte zuvor verhindert, dass ihm Wagenknecht als Co-Vorsitzende zur Seite gestellt wird. Gegen ihn, der weiter alleiniger Fraktionschef bleibt, stimmten zehn Abgeordnete, es gab vier Enthaltungen. Zu den zweiten Stellvertretern Gysis sollten die bisherigen Vizefraktionschefs Dietmar Bartsch und Ulrich Maurer gewählt werden.

Wagenknecht war lange Zeit die Wortführerin der linksorthodoxen Kommunistische Plattform. Erst nach ihrer Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden im vergangenen Jahr ließ sie ihre Mitgliedschaft in der vom Verfassungsschutz beobachteten Parteigruppierung ruhen. Bei den Wahlen auf dem Rostocker Parteitag 2010 hatte Wagenknecht 75,3 Prozent der Stimmen erhalten und damit deutlich mehr als jetzt in der Fraktion.

Angesichts mehrerer Wahlschlappen und abstürzender Umfragewerte tobt in der Linken seit Monaten eine Führungsdebatte. Der Unmut richtete sich bisher aber vor allem gegen die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Unter ihrer Führung hatte die Linke mit Querelen über die Haltung zu Israel oder zum Mauerbau Schlagzeilen gemacht.

Der Parteitag im Oktober im Erfurt, bei dem das neue Parteiprogramm mit einer Mehrheit von fast 97 Prozent angenommen wurde, bedeutete nur eine kurze Verschnaufpause. Kurz darauf flammte die Personaldiskussion wieder auf. Lötzsch erklärte ihre erneute Kandidatur für die erst im Juni 2012 anstehenden Vorstandswahlen. Ihr Co-Vorsitzender Klaus Ernst hat sich noch nicht erklärt.