Der Mindestlohn hat eine Chance — die FDP gibt nach
Ex-Parteichef Westerwelle deutet Kompromissbereitschaft an. Einigung ist noch vor der Bundestagswahl möglich.
Berlin. Die FDP gibt sich im Mindestlohn-Streit mit der Union kompromissbereit. Sieben Monate vor der Bundestagswahl sehen auch immer mehr Liberale Handlungsbedarf im Kampf gegen Dumpinglöhne. Außenminister und Ex-Parteichef Guido Westerwelle (Foto) sagte: „Die FDP ist die Partei der Leistungsgerechtigkeit. Aber drei Euro Stundenlohn hat mit Leistungsgerechtigkeit nichts mehr zu tun.“
Damit könnte eine Einigung in der Koalition möglich sein. Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß sprach Dienstag gegenüber unserer Zeitung von ermutigenden Signalen. „Da ist etwas in Bewegung gekommen.“ Die CDU plädiert für „allgemeine verbindliche Lohnuntergrenzen“ für Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt. Mindestlöhne sollen aber nicht gesetzlich vorgegeben, sondern von einer Kommission aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern festgelegt werden.
FDP-Fraktionsvize Martin Lindner stellte der Union allerdings Bedingungen. Branchen- und regional differenzierten Lohnuntergrenzen seien nur denkbar, „wenn es keine aktuellen Tarifverträge dort gibt“, sagte er. Im Gegenzug müsse es „eine deutliche Entlastung der Einkommensmittelschicht“ geben, etwa durch die Streichung des „Soli“-Zuschlags für Jahreseinkommen bis 100 000 Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält davon nichts. Der Soli spült ihm jährlich 13 bis 14 Milliarden Euro in die Kasse.
Der SPD gehen die Vorstellungen der CDU nicht weit genug. „Lohnuntergrenzen sind kein Mindestlohn“, erklärte ihr Arbeitsmarktexperte Hubertus Heil. Die SPD-regierten Länder wollen daher am 1. März im Bundesrat einen Antrag zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde einbringen. sv/dpa