Karlsruhe stärkt Rechte von Homosexuellen
Die Möglichkeiten zu Adoptionen gemeinsamer Kinder wurden ausgeweitet. Das Gericht ist Motor bei der Gleichstellung.
Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht bleibt Schrittmacher bei der Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Künftig können Lebenspartner auch Kinder adoptieren, die ihr Partner oder ihre Partnerin zuvor selbst adoptiert hatte.
Die Entscheidung betrifft zwar nur einen Teil des Adoptionsrechts — aber die Botschaft ist klar: Jede Schlechterstellung homosexueller Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe bedarf der Rechtfertigung — und hier gelten strenge Anforderungen, weil die sexuelle Identität betroffen ist.
Stück für Stück haben die Karlsruher nach diesem Grundsatz die Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaften und Ehen eingeebnet: Bei der Erbschaftssteuer, beim Grunderwerb, bei Betriebsrenten und beim Familienzuschlag für Beamte. Mit einer Entscheidung zum Ehegattensplitting wird noch in diesem Jahr gerechnet.
Vielleicht zeigt der Blick nach Frankreich einen Unterschied in der politischen Kultur: Dort demonstrierten Hunderttausende für und gegen die Homo-Ehe — bevor in der vergangenen Woche die Nationalversammlung nach nächtelangen Debatten eine große Lösung beschloss: „Mariage pour tous“, die Ehe für alle.
In der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe hingegen räumte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, in seltener Offenheit ein, man habe bei der Gesetzesfassung darauf gehofft, „dass die Gerichte regeln, was wir politisch nicht hinbekommen“. Das nun gekippte Gesetz stammt noch aus Zeiten der rot-grünen Koalition.
Immerhin: Bei der Neuregelung des Adoptionsrechts will sich das Justizministerium für eine „große Lösung“ einsetzen, und auch die gemeinschaftliche Adoption durch beide Lebenspartner — die nicht Gegenstand des Urteils von Dienstag war — erlauben.
Die Richter fahren in ihrer Entscheidung zweigleisig: Zur gesetzlichen Neuregelung setzen sie eine Frist bis zum 30. Juni 2014, also weit nach der Bundestagswahl. Die konkrete Verbesserung beim Adoptionsrecht, so ordnen sie vorsichtshalber an, gilt aber ab sofort.