Deutschland: Bevölkerung wächst durch Zuzug
Erstmals seit neun Jahren hat das Land wieder Menschen hinzugewonnen. Weil es für Zuwanderer wirtschaftlich attraktiv ist.
Berlin. Die EU-Osterweiterung und die Schuldenkrise in Südeuropa haben den Abwärtstrend im dicht besiedelten Deutschland gestoppt: Erstmals seit neun Jahren ist die Einwohnerzahl in der Bundesrepublik wieder gestiegen. Und zwar um 92 000 auf 81,8 Millionen — das sind rund 0,1 Prozent mehr.
Hauptursache dafür ist die Zuwanderung von netto 279 000 Menschen im Jahr 2011 — mehr waren es laut Statistischem Bundesamt zuletzt nur 1996. Sie haben Deutschland netto ein Plus von der Größe einer Stadt wie Ratingen gebracht. Fachleute sehen darin aber nur eine Momentaufnahme und keine Trendwende.
Die Geburten trugen dagegen nicht zum Zuwachs bei. Die Zahl der Neugeborenen ging binnen eines Jahres um etwa 15 000 auf 663 000 zurück. Zwar starben zugleich weniger Menschen als im Vorjahr. Die Lücke zwischen den Sterbefällen und den Geburten wurde dennoch größer. 2011 starben rund 190 000 mehr Menschen in Deutschland als Kinder geboren wurden.
Die meisten Ausländer, die 2011 auf den deutschen Arbeitsmarkt kamen, sind nach Einschätzung von Johann Fuchs vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung recht gut qualifiziert, jung und kommen auch mit der Sprache in Deutschland gut zurecht. Rund 200 000 Zuwanderer netto pro Jahr könnten den Rückgang bei den Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt dämpfen. „Es müsste sich aber verstetigen.“ Und die Regionen in Deutschland müssten gleichmäßiger davon profitieren.
Die Wissenschaftler betonen auch: Zuwanderung ist bei der Prognose der Bevölkerungsentwicklung viel unberechenbarer als die Geburtenrate und die Sterblichkeit. Fest steht: Die rund 81,8 Millionen Menschen in Deutschland konzentrieren ihren Wohnsitz zunehmend auf wirtschaftlich prosperierende Regionen. „Wir müssen uns langfristig auf eine deutlich alternde Bevölkerung und eine rückläufige Einwohnerzahl einstellen“, sagt Steffen Kröhnert vom Berlin-Institut für Bevölkerung. Qualifizierte Zuwanderung könne dies abmildern, aber nicht ausgleichen.