Deutschland hat ein Jahr vor der Wahl kein Wahlrecht
Verfassungsrichter kippen die Regelung für den Bundestag. Bis Oktober 2013 muss nun eine Reform her.
Karlsruhe. Deutschland hat derzeit kein gültiges Wahlgesetz. Wie schon in seinem Urteil im Jahr 2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Wahlrecht zum Bundestag erneut für verfassungswidrig — eine Schlappe für die schwarz-gelbe Regierung.
In dem früheren Urteil hatten die Karlsruher Richter noch eine Übergangsfrist gelassen, so dass der aktuelle Bundestag 2009 noch nach altem Wahlrecht gewählt werden konnte. Doch auch die 2011 von Schwarz-Gelb im Alleingang verabschiedete Reform wurde jetzt von den Richtern kassiert — diesmal mit sofortiger Wirkung. Vor der für Oktober 2013 geplanten Wahl muss daher ein den Anforderungen von Karlsruhe entsprechendes Wahlrecht in Kraft sein.
Die Kritik der Richter richtet sich vor allem gegen die Überhangmandate, die 2009 allein der Union 24 zusätzliche Sitze im Bundestag einbrachten. Karlsruhe fordert nun, dass die Zahl dieser Zusatzmandate auf maximal 15 begrenzt wird. Die Richter kritisierten auch das „negative Stimmgewicht“, das dazu führen kann, dass eine Partei trotz gesunkenen Zweitstimmenanteils im Endeffekt mehr Mandate erhält.
Während SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, dass die Koalition die Quittung dafür bekommen hat, dass sie „das Wahlrecht als Machtrecht missbraucht“ habe, denkt Peter Hintze schon weiter. Gegenüber unserer Zeitung sagte der Chef der CDU-Landesgruppe NRW im Bundestag, in einer neuen Regelung müsste es ab Überhangmandat 16 sogenannte Ausgleichsmandate — also weitere Sitze — für die anderen Parteien geben. Die Reform solle möglichst nahe an den allen Bürgern vertrauten Regelungen bleiben.