Die Maut wird zum Steilpass für Kritiker

Während die Union von ihrem Koalitionspartner Vertragstreue fordert, nutzt die SPD ihre Chance und geht in die Offensive.

Die Maut wird zum Steilpass für Kritiker
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Das schwarz-rote Machtspielchen kommt einem bekannt vor: Bei der Frauenquote ließ die Union die SPD zappeln, plusterte Feinheiten auf, drohte sogar mit Verschiebung. Am Ende folgte doch die Einigung. Jetzt hat es den Anschein, als ob die Genossen es dem Koalitionspartner bei der Pkw-Maut genüsslich heimzahlen wollen. Und diesmal ist die Union verärgert und erwartet Vertragstreue.

Frei nach dem Motto, niemand hat die Absicht, eine Maut zu erhöhen, äußerten sich am Dienstag führende Unions-Politiker. Sie verstehe die ganze Debatte nicht, betonte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. „Kein Mensch denkt an eine Maut-Erhöhung.“ Mit dem, was an Gesetzentwürfen auf dem Tisch liege, sei — wie im Koalitionsvertrag festgelegt — keine „höhere Belastung deutscher Autofahrer verbunden“. Hasselfeldt forderte daher die SPD auf, zu dem zu stehen, „was wir vereinbart haben“.

Auslöser des Streits ist, dass sowohl im Gesetzentwurf von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Infrastrukturabgabe als auch in dem Entwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Kompensation der Maut für deutsche Halter die Tür dafür geöffnet wird, dass die Kfz-Steuer bei künftigen Anhebungen nicht automatisch sinkt. Diese Entkopplung ist aus Sicht der Regierung notwendig, um die Maut europarechtlich abzusichern. Ob das gelingen wird, ist noch offen. Es bleibe dabei, meinte am Dienstag auch Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU), „die Umsetzung läuft so, wie angekündigt“. Er gehe davon aus, dass die SPD „vertragstreu ist“. Die ganze Aufregung sei „künstlich“.

2016 soll die Maut eingeführt werden, dann muss sie erst einmal funktionieren. An eine Erhöhung könnte also frühestens in der nächsten Legislaturperiode nach der Bundestagswahl 2017 gedacht werden. Das ist aus Sicht der Union weit weg — weder Hasselfeldt noch Grosse-Brömer wollten sich deshalb auf Gedankenspiele einlassen, was in der nächsten Legislatur mit der Abgabe passieren könnte. Das sei eine „Phantomdebatte“, konterte die CSU-Landesgruppenchefin.

Fakt ist jedoch, dass künftigen Regierungen die Handhabe gegeben wird, die Maut ohne Kompensation für deutsche Autofahrer zu erhöhen. Diesen Steilpass nutzt nun die SPD: Verkehrsminister Dobrindt müsse nacharbeiten, forderte Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel. Die SPD-Verkehrsexpertin im Bundestag, Kirsten Lühmann, sagte unserer Zeitung, man wolle sich an den Koalitionsvertrag halten. „Was Schäuble in den Gesetzentwurf hinein geschrieben hat, ist aber überflüssig. Da sehen wir noch Diskussionsbedarf.“ Auch Europa könne nicht verbieten, „dass wir bei künftigen Mauterhöhungen die Kfz-Steuer wieder verändern.“ Jeder Gesetzgeber sei schließlich „autark“.