Die Selbstanzeige auf dem Prüfstand
Die SPD will das Instrument abschaffen. Mit ihm können Reuige bei vollständiger Offenlegung ihrer Vergehen straffrei bleiben.
Berlin. Prominente wie zuletzt die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer und der Berliner SPD-Kulturpolitiker André Schmitz hatten Geld auf Auslandskonten, verheimlichten Erträge und hinterzogen Steuern. Wer sich rechtzeitig und umfassend selbst anzeigt, kann aber um eine Strafe herumkommen. Diese Möglichkeit will die SPD nun weitgehend abschaffen.
Das Angebot des Staates hat eine jahrzehntelange Tradition. Wer Steuern hinterzogen hat und sein Gewissen erleichtern will, soll dies durch „tätige Reue“ bei hohen Strafzinsen tun können. Für den Fiskus hat das den Vorteil, nicht mühsam mit der Steuerfahndung die schwarzen Schafe suchen zu müssen. Seit 2010 zeigten sich etwa 64 000 Personen selbst an — die Finanzminister, die mit dem Ankauf von Steuer-CDs Druck aufbauten, freuten sich über zusätzliche Milliardeneinnahmen.
Sie ist kein Kinderspiel. Die rechtlichen Vorgaben sind nach mehreren Reformen höchst kompliziert. Die Anzeige muss rechtzeitig — bevor Steuerfahnder ermitteln — eingangen sein. Die Anzeige muss auch lückenlos sein, um vor Strafe zu schützen. Für jedes Steuerjahr und jede einzelne Steuerart — von der Einkommen- bis zur Umsatzsteuer — muss für zehn Jahre alles dokumentiert werden. Das ist bei einem Festgeldkonto in der Schweiz leichter zu schaffen als beim „Zocken“ mit Aktien oder Devisen. Wer auf „Salami-Taktik“ setzt oder noch einen Aktenordner findet, wenn die Steuerfahndung schon an der Tür klingelt, kann nicht auf Milde der Justiz hoffen.
Wenn alle Vorgaben erfüllt sind. Wer pro Jahr und Steuerart mehr als 50 000 Euro hinterzogen hat, muss auch fünf Prozent Zuschlag zahlen — neben Hinterziehungssumme und Zinsen. Strafrechtlich verfolgt werden können Steuerbetrüger für fünf Jahre. In schwereren Fällen — wenn die Summe der verschwiegenen Steuern eines Jahres bei 100 000 Euro und mehr liegt — verjährt Steuerhinterziehung erst nach zehn Jahren. Mit einer Geldstrafe kommt man ab dieser Summe kaum davon, die Haftstrafe wird aber oft zur Bewährung ausgesetzt. Der Bundesgerichtshof stellte indes höhere Hürden auf: So wird in der Regel Gefängnis fällig, wenn mehr als eine Million Euro hinterzogen wurden und eine strafbefreiende Selbstanzeige abgelehnt wurde.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD noch formuliert, die Regeln bei der strafbefreienden Selbstanzeige sollten gegebenenfalls überarbeitet werden. Die SPD will nun die strafbefreiende Selbstanzeige bis zu einer Bagatellgrenze abschaffen.
Im Fall des FC Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß sucht die Staatsanwaltschaft nach einem Maulwurf bei den bayerischen Finanzbehörden, der Informationen an die Medien weitergab. Die Verletzung von Dienst- und Steuergeheimnis steht unter Strafe.