Steuer-Gewerkschaft: „Wir müssen hier eine bessere Steueraufsicht haben“

Thomas Eigenthaler, Chef der Steuer-Gewerkschaft, fordert ein härteres Vorgehen bei Hinterziehung.

Steuer-Gewerkschaft: „Wir müssen hier eine bessere Steueraufsicht haben“
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Berlin. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft fordert von der Bundesregierung ein härteres Vorgehen gegen Steuerhinterzieher. Selbstanzeigen dürften nur noch bei kleinen Fällen vor Strafverfolgung schützen, sagt der Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler. Er warnt aber auch davor, bei Steuerbetrug nur an Reiche und Prominente zu denken: „Wir sollten da alle vorsichtig sein. Es gibt viele Leute, die Steuerdelikte begehen — Reiche und Arme.“

Herr Eigenthaler, hat die Steuermoral insgesamt zu- oder abgenommen?

Eigenthaler: Keiner zahlt gerne Steuern, das war vor 50 Jahren nicht anders. Das ist weder schlechter noch besser geworden. Wir haben heute nur ganz andere Möglichkeiten, etwa durch die Internationalisierung. Auch haben wir Internetgeschäfte und ein munteres Treiben in Steueroasen. Insofern hat sich das Umfeld verändert.

Kann man sagen: Je gerechter und transparenter das Steuersystem, desto weniger wird hinterzogen? Oder hinterziehen die Bürger am Ende doch immer?

Eigenthaler: Ich möchte den Staat in die Mitverantwortung nehmen. Wir haben ein sehr kompliziertes Steuerrecht, aber der Staat sorgt nicht dafür, dass die Steueraufsicht ordnungsgemäß durchgeführt wird. Bei manchen wird sehr hart zugegriffen, andere fallen durch die Maschen.

So dass mancher den Eindruck hat: Ich bin hier der ehrliche Dumme. . .

Eigenthaler: Leute, die jeden Monat das Geld vom Lohn abgezogen bekommen, haben natürlich kaum Möglichkeiten zu betrügen. Wenn, dann nur in ganz kleinem Umfang, etwa bei den Fahrtkilometern. Aber im unternehmerischen Bereich etwa müssen wir feststellen, dass mittelgroße Unternehmen nur alle 15 bis 16 Jahre steuerlich geprüft werden. Wir müssen hier eine bessere Steueraufsicht haben.

Bei jemandem wie der prominenten Frauenrechtlerin Alice Schwarzer sagen ja viele: „Warum gerade die — die hat doch schon so viel!“

Eigenthaler: Nun, ich bin kein großer Freund des Moralisierens anhand eines Einzelfalls, mich interessiert das System. Und da stelle ich fest: Wir machen es auch vielen einfach, indem wir ihnen nicht genug auf die Finger schauen und auch noch die Selbstanzeige bereitstellen, so dass der Steuerhinterzieher auch noch ein Netz unter sich findet, in das er bequem fallen kann.

Und diese Tatsache finden Sie nicht gut?

Eigenthaler: Meines Erachtens muss man differenzieren, und da rufe ich die große Koalition auf, nachzujustieren: In kleinen Fällen ist die Selbstanzeige in Ordnung, aber bei Fällen schwerer Steuerhinterziehung, da kann es doch keine Selbstanzeige mehr geben! Es kann doch nicht sein, dass eine Freiheitsstrafe einfach so getilgt wird.