Edathys SMS-Offensive: Oppermann sieht „Verzweiflungstat“
Berlin (dpa) - Der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy hat kurz vor seinem Auftritt im Untersuchungsausschuss des Bundestages die SMS-Kommunikation mit führenden Sozialdemokraten offengelegt.
Mit den im Magazin „Stern“ veröffentlichten Kurznachrichten von 2013 und Anfang 2014 will der wegen Kinderpornografie-Ermittlungen zurückgetretene Politiker beweisen, dass ihn Parteikollegen vor Ermittlungen gewarnt haben.
In SPD-Kreisen wird Edathy unterstellt, er wolle so von seiner Tat ablenken. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der frühzeitig von Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) gegen Edathy wusste, blieb am Dienstag bei seiner Darstellung, er habe im Gespräch mit dem damaligen Edathy-Vertrauten Michael Hartmann (SPD) nichts über die Ermittlungen verraten. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, er vertraue Oppermann.
Zu den angeblichen SMS, die der „Stern“ vorab veröffentlichte, gehört unter anderem Edathys Frage an Hartmann: „Lieber Kollege, gibt es bei Dir was Neues?“. Diese wurde demnach beantwortet mit dem Satz „Still ruht der See. Habe auch meinerseits nicht nachgehakt.“
Edathy wirft Oppermann vor, dieser habe ihm während der Koalitionsverhandlungen erst wichtige Posten in Aussicht gestellt und sich danach heuchlerisch verhalten. Dazu sagte Oppermann der Deutschen Presse-Agentur: „In dem Gespräch ging es um die Karrierewünsche von Sebastian Edathy. Ich sagte ihm, dass seine Arbeit geschätzt würde, ich aber noch nichts über seine künftigen Möglichkeiten sagen könne.“
Edathy hatte am Wochenende erstmals erklärt, Hartmann habe ihn damals vor den Ermittlungen gewarnt. Hartmann bestreitet dies. Laut „Stern“ behauptet Edathy nun auch, Hartmann habe sich im November 2013 in der Sache auch an den damaligen SPD-Fraktionschef und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier gewandt.
Edathy und Hartmann sollen an diesem Donnerstag beide als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre aussagen. Der Ausschuss soll aufklären, ob und wer unerlaubt Informationen zu den Ermittlungen weitergegeben hatte. Oppermann forderte Edathy auf, vor dem Ausschuss bei der Wahrheit zu bleiben: „Ich wäre wirklich froh, wenn Sebastian Edathy das sagen würde, was wirklich gewesen ist.“ Er halte die bisherigen Äußerungen für unglaubwürdig: „Das sieht nach einer Verzweiflungstat aus.“
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erwiderte auf die Frage, ob Oppermann möglicherweise die Unwahrheit über den Informationsfluss sage: „Es ist nicht meine Aufgabe, zu spekulieren, ob Oppermann lügt.“ Die CSU ist unverändert erzürnt, weil ihr früherer Innenminister Hans-Peter Friedrich zurücktreten musste. Er hatte im Oktober 2013 die SPD-Spitze über den Verdacht gegen Edathy unterrichtet.
Die Union will nun aber vermeiden, dass sich die Affäre erneut zu einer Regierungskrise auswächst. So sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Oppermann und die CSU, bei Missbrauch von Kindern oder beim Handel von Bildern und Filmen von missbrauchten Kindern herrsche zu Recht höchste Sensibilität. „Dann, finde ich, steht es Parteien und Politikern nicht gut an, parallel dazu Gegenrechnungen aufzumachen: Da musste einer zurücktreten, jetzt ist bei Euch auch einer fällig.“