Weniger Wartezeit und mehr Vorsorge
Das Kabinett verabschiedet am Mittwoch wichtige Gesetze für Patienten und Versicherte.
Berlin. Um Gesundheitsminister Hermann Gröhe war es in letzter Zeit still geworden. Am Mittwoch wird der CDU-Politiker zwei zentrale gesundheitspolitische Vorlagen der großen Koalition präsentieren, die das Bundeskabinett verabschiedet hat. Es handelt sich um das so genannte Versorgungsstärkungsgesetz und das Präventionsgesetz. Die wichtigsten, geplanten Neuerungen:
Für gesetzlich Versicherte soll sich die Wartezeit auf einen Facharzttermin spürbar reduzieren. Ärztliche Servicestellen sollen dafür sorgen, dass Patienten nur noch maximal vier Wochen darauf warten müssen. Findet sich kein niedergelassener Mediziner, soll die ambulante Behandlung in einem Krankenhaus erfolgen. Im Kleingedruckten wird diese Termingarantie relativiert. Demnach gilt die Vier-Wochen-Frist nur dann, wenn eine Behandlung in diesem Zeitraum „medizinisch erforderlich“ ist. Ist der Behandlungserfolg auch später gewährleistet, muss der Patient wie gehabt längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Wie lange, ist nicht definiert. Damit bekommen Servicestellen Ermessensspielraum.
Um sich Klarheit über eine optimale Behandlung zu verschaffen, können Patienten schon heute eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Künftig soll das eine Leistung aller gesetzlichen Kassen sein. Verbraucherschützer sehen darin einen Beitrag zur Vermeidung unnötiger Behandlungen. Festgelegt werden muss aber noch, für welche Operationen eine ärztliche Zweitmeinung in Frage kommt.
Schon bisher können Kassenärztliche Vereinigungen Arztsitze aufkaufen und stilllegen, wenn Mediziner in den Ruhestand gehen und es sich um Praxen in überversorgten Regionen handelt. Aus dieser Kann- wird nun eine Soll-Bestimmung. Ob es sich um eine Überversorgung handelt, wird von Vertretern der Ärzte und der Kassen gemeinsam festgestellt. So praktizieren zum Beispiel allein in Hannover über 100 fachärztliche Internisten mehr, als es der Bedarfsplan dort vorsieht. Auch die verschärfte Regelung schließt allerdings Nachbesetzungen nicht aus. So kann die Weitergabe zum Beispiel innerhalb der Familie des Arztes erfolgen oder an einen Partner, der seit mindestens drei Jahren in der Praxis arbeitet.
Allgemeinmediziner, die in unterversorgten Gebieten praktizieren, sollen mehr Honorar bekommen. Auch von der schärferen Regelung zur Stilllegung von Praxen in übersorgten Bezirken erhofft man sich eine bessere Verteilung der Mediziner. Denn wenn die Hürden höher liegen, um sich dort als Arzt anzusiedeln, könnten Nachwuchskräfte ihr Glück doch stärker auf dem Lande suchen.
Im vergangenen Jahr haben die gesetzlichen Krankenkassen pro Versichertem 3,82 Euro für gesundheitsfördernde und vorbeugende Maßnahmen ausgegeben. Darunter fallen zum Beispiel Angebote zur Bewegungsförderung und gegen den Stress am Arbeitsplatz. Umstritten ist, dass das Gesundheitsministerium mit dem Geld der Beitragszahler auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, also ihre eigene, nachgeordnete Behörde mitfinanzieren will, und für private Kassen nur das Freiwilligkeitsprinzip in Sachen Prävention gelten soll. Über die Details der Gesetzesvorlagen dürfte noch heftig gestritten werden. Ihre endgültige Verabschiedung durch das Parlament ist daher erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu erwarten.