EnBW-Affäre: Ex-CDU-Minister im Visier der Justiz
Stuttgart (dpa) - Die EnBW-Affäre um Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt nun auch gegen den ehemaligen Finanzminister Willi Stächele und den früheren Staatsminister Helmut Rau (beide CDU) wegen Untreue.
Die Ermittler haben den Verdacht, dass die beiden Minister mitverantwortlich dafür sind, dass der Kauf von 45 Prozent des Karlsruher Versorgers EnBW für 4,7 Milliarden Euro unzureichend vorbereitet wurde und somit das Land zu viel bezahlte.
Den beiden heutigen CDU-Landtagsabgeordneten wird aber genauso wenig wie Mappus persönliche Bereicherung vorgeworfen. Nach einem Gutachten für die grün-rote Regierung hatte Mappus Ende 2010 rund 840 Millionen Euro zu viel für das Aktienpaket gezahlt. Mappus beteuert jedoch, er habe nur das Wohl des Landes im Auge gehabt und der Kaufpreis sei in Ordnung gewesen.
Am Mittwoch waren bereits Ermittlungen gegen Mappus und seinen damaligen Berater, den Investmentbanker Dirk Notheis eingeleitet worden. Stächele hatte Ende 2010 den Rückkauf der EnBW-Aktien erst möglich gemacht, weil er kurz vor Abschluss des Milliardendeals der Umgehung des Landtags zugestimmt hatte.
Mappus erklärte, der Weg über das Notbewilligungsrecht des Finanzministers sei nötig gewesen, weil der französische Energiekonzern EDF keine Bedingung für den Verkauf akzeptiert habe. Allerdings hatte er Stächele erst am Vorabend der Verkündung des Geschäfts über seine Pläne informiert. Der Mappus-Vertraute Rau war Geschäftsführer der Landesgesellschaft Neckarpri, die der EDF den Anteil am drittgrößten Energieversorger EnBW abkaufte. Der Landtag müsste die Immunität der beiden Abgeordneten Stächele und Rau erst aufheben, wenn es zu einer Anklage kommt.
Stächele zeigte sich „überrascht“ über die Ermittlungen. „Ich bin überzeugt, dass der Verdacht gegen mich unbegründet ist und sich als unbegründet erweisen wird“, sagte der 60-Jährige. CDU-Fraktionschef Peter Hauk warnte Grüne und SPD vor einer Vorverurteilung: „Ein Anfangsverdacht ist kein Schuldspruch.“ Stächele habe im EnBW-Untersuchungsausschuss glaubhaft dargelegt, dass er die Prüfung zum Notbewilligungsrecht mit der nötigen Sorgfalt vorgenommen habe. Auch Rau (62) habe „schlüssig und glaubhaft ausgesagt“.
Dagegen sagte der SPD-Obmann im U-Ausschuss, Andreas Stoch, ihn überraschten die Ermittlungen nicht. Stächele müsse sich die Frage gefallen lassen, warum er nicht gesagt habe, für eine so weitreichende Entscheidung brauche er mehr Fakten. „Damit ist der Anfangsverdacht gegeben, dass er sich der Untreue strafbar gemacht hat.“ Untreue kann mit fünf Jahren Haft oder einer Geldbuße geahndet werden.
Grünen-Obmann Uli Sckerl zeigte Verständnis für Stächele, der am Abend des 5. Dezembers 2010 in einer schwierigen Situation gewesen sei. Mappus habe den Minister quasi zur Unterschrift gedrängt, was „hart an der Grenze zur Nötigung gewesen“ sei.
Stächele hatte schon im Herbst 2011 Konsequenzen aus seiner Rolle beim EnBW-Deal gezogen. Nachdem der Staatsgerichtshof das Vorgehen der damaligen schwarz-gelben Regierung als verfassungswidrig gerügt hatte, war der Südbadener als Landtagspräsident zurückgetreten. Mappus' Umgang mit ihm hatte er danach als „Schweinerei“ bezeichnet.
Für CDU-Landeschef und den ehemaligen Generalsekretär unter Mappus, Thomas Strobl, ist die Affäre „die größte Bewährungsprobe in der Geschichte der CDU“. Hauk bekräftigte im Deutschlandfunk: „Das ist nicht der Politikstil, wie ihn die CDU betreibt.“ Der frühere Ministerpräsident konterte in der „Bild“-Zeitung: In einer solchen Situation seien in der Regel „diejenigen als erstes weg, die zuvor gar nicht nahe genug bei einem sein konnten“.
Der Unionsfraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, nahm Mappus in Schutz. Der Rückkauf der EnBW sei in der Sache richtig gewesen, sagte Kauder der Tageszeitung „Die Welt“ (Samstag). „Wir sollten uns hier nicht zu Vorverurteilungen hinreißen lassen.“
Mappus wies alle Vorwürfe zurück: „Ich habe vom ersten bis zum letzten Tag meiner Amtszeit alles in meiner Macht stehende getan, um zum Wohle unseres Landes zu arbeiten“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Ich war, bin und bleibe überzeugt davon, dass der Preis in Ordnung ist.“