Milliardenloch Energie-Experten: Rücklage für Atomausstieg reicht nicht
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass statt 38 eher 50 bis 70 Milliarden Euro notwendig sind. Eon will gegen geplantes Haftungsgesetz klagen.
Düsseldorf. Der Ausstieg aus der Atomenergie könnte die deutschen Steuerzahler noch teuer zu stehen kommen. Die Energie-Experten vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) schätzen, dass Rückbau und Endlagerung mindestens 50 bis 70 Milliarden Euro kosten. „Die von den Atomkraftwerksbetreibern gebildeten Rückstellungen in Höhe von 38 Milliarden Euro werden nicht zur Deckung der erwarteten Kosten ausreichen“, heißt es in einem DIW-Bericht.
Ob die vorhandenen Rückstellungen komplett für den Atomausstieg zur Verfügung stehen, ist allerdings nicht sicher. Denn die Unternehmen sind dabei, ihr Atomgeschäft auszugliedern, um das Haftungsrisiko zu begrenzen.
Jüngstes Beispiel: Eon wird das Geschäft mit seinen Atom-, Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerken 2016 in der neuen Gesellschaft Uniper bündeln und an die Börse bringen. Nach einer fünfjährigen Übergangsfrist haftet für die Kosten des Atommülls nur noch die Eon-Tochter Uniper. Reicht deren Geld nicht, muss der Steuerzahler einspringen. Um das zu verhindern, plant Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das sogenannte Konzernnachhaftungsgesetz. Es soll noch im September vom Kabinett beschlossen werden. Gabriel möchte sicherstellen, dass die Betreiber dauerhaft für den Rückbau der Kraftwerke und die Lagerung des Atommülls aufkommen.
Eon will das nicht hinnehmen. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, „müssen wir aller Voraussicht nach Rechtsmittel einlegen“, sagte Konzernsprecher Josef Nelles auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Entwurf dürfte einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Das gelte insbesondere für die zeitlich und betragsmäßig unbegrenzte Haftung.
Nach Ansicht des DIW sollten die Rücklagen der Atomkonzerne rasch in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden. Angesichts des veränderten Marktes sei auch eine Zahlungsunfähigkeit der Konzerne nicht auszuschließen.