Eon klagt gegen Brennelementesteuer
Berlin (dpa) - Die Stromkonzerne gehen auf Konfrontationskurs zum schwarz-gelben Atomausstieg. Als erster von vier Kernkraftbetreibern will Eon gegen die Brennelementesteuer klagen.
Der größte deutsche Energiekonzern begründete den Schritt am Dienstag mit Vermögensschäden in Milliardenhöhe, die mit dem früheren Ausstieg aus der Kernenergie verbunden seien. Schon aus aktienrechtlichen Gründen und zum Schutze seiner über 500 000 Kleinanleger dürfe Eon das nicht hinnehmen, hieß es. Auch RWE droht mit juristischen Schritten.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) reagierte gelassen. „Die Gesetzesbegründung zur Brennstoffsteuer bezieht sich ausdrücklich nicht auf das Thema Laufzeitverlängerung“, sagte der FDP-Vorsitzende der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ/Mittwoch). FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwoch): „Ich bin mir sicher, dass unsere Entscheidung Bestand haben wird.“
Eine Klage war erwartet worden, weil Schwarz-Gelb trotz des geplanten Atomausstiegs bis 2022 an der Abgabe festhält. „Ich gehe davon aus, dass durch die politisch gewollten Laufzeitverkürzungen und die endgültige Stilllegung von Anlagen ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe entsteht“, sagte Eon-Chef Johannes Teyssen der „FAZ“. Es könne nicht sein, dass die Eigentümer von Eon mit ihrem Vermögen für die politischen Entscheidungen geradestehen sollten.
Die Steuer sollte dem Bund ursprünglich bis 2016 rund 2,3 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Bleiben acht Meiler abgeschaltet, verringern sich die Einnahmen auf jährlich gut 1,3 Milliarden Euro. Mit der Abgabe sollen die Konzerne an den Milliarden-Kosten zur Sanierung des maroden Atommüll-Lagers Asse beteiligt und so die Steuerzahler entlastet werden.
Auch der von Union und FDP angestrebte breite Konsens mit der Opposition und den Ländern zum Ausstieg aus der Atomkraft bis spätestens Ende 2022 ist fraglich. SPD und Grüne machen eine Zustimmung von Nachbesserungen am Ausstiegsfahrplan und am Öko-Strom-Konzept abhängig. Widerstand gibt es auch gegen die Pläne der Bundesregierung zum Netzausbau. Das schwarz-gelb regierte Niedersachsen lehnt eine zentrale Planung neuer Trassen für Hochspannungsleitungen durch die Bundesnetzagentur ab.
Union und FDP hatten den Ausstieg bis spätestens 2022 beschlossen. Der Großteil der Atommeiler soll bis 2021 vom Netz. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, könnten die letzten drei Meiler erst zum 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Ein Altmeiler soll als „Kaltreserve“ für Notfälle bereitstehen.
Nach Darstellung der Grünen wird mit diesen Plänen eine Notlage riskiert. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, die Atommeiler würden keineswegs schrittweise abgeschaltet, sondern abrupt in zwei Schüben. „Damit steuern wir sehenden Auges auf eine Situation zu, in der die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit akut gefährdet werden.“
Das Bundeskabinett will das Paket mit sechs Gesetzesvorhaben am nächsten Montag beschließen, bis Ende Juni soll der Bundestag abstimmen. Ein Großteil des Gesetzespakets ist im Bundesrat allerdings nicht zustimmungspflichtig, darunter das Atomgesetz.
Für diesen Freitag hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bundesländer geladen, um für Unterstützung der Beschlüsse von Union und FDP zu werben. In SPD-geführten Ländern stößt vor allem das Vorhaben auf Kritik, einen der stillgelegten Meiler bis 2013 als „Kaltreserve“ für mögliche Engpässe bereit zu halten.
In Bayern hat der Ausstiegsbeschluss zu einer ernsthaften Regierungskrise der dortigen Koalition aus CSU und FDP geführt. Ministerpräsident Horst Seehofer kritisierte seinen Stellvertreter Martin Zeil (FDP) scharf, der die Berliner Einigung ein Risiko genannt hatte. Seehofer warf dem liberalen Koalitionspartner in München vor, Parteiinteressen über das Wohl des Landes zu stellen.
Das grün-rot regierte Baden-Württemberg fordert Gaskraftwerke, um mögliche Versorgungsrisiken abzufedern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte, die Bundesregierung setze beim Ausbau erneuerbarer Energien zu einseitig auf Windkraft auf hoher See. Ein Deckel von 3,5 Cent pro Kilowattstunde bei der Vergütung der Öko-Strom-Einspeisung sei nicht akzeptabel.