Statistik Erstes Halbjahr: Weniger Asylsuchende - mehr Asylanträge

Berlin. Noch ist die Flüchtlingskrise nicht gelöst. "Aber ihre Lösung kommt in Europa gut und in Deutschland sehr gut voran", betonte am Freitag Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) aufgrund der aktuellen Zahlen.

Im Moment kommen weniger Asylsuchende nach Deutschland. Über den weiteren Jahresverlauf sagt das wohl nichts aus.

Im Moment kommen weniger Asylsuchende nach Deutschland. Über den weiteren Jahresverlauf sagt das wohl nichts aus.

Foto: dpa

Demnach sind 222.264 Asylsuchende im ersten Halbjahr 2016 nach Deutschland gekommen - im letzten Jahr waren es am Ende deutlich über eine Million gewesen. Auf eine Prognose für das gesamte laufende Jahr wollte sich der Minister aber nicht festlegen. Denn er könne nicht "die Hand dafür ins Feuer legen", dass der EU-Türkei-Pakt weiter halte.

Wie ist die Entwicklung 2016 im Einzelnen?

Die meisten Flüchtlinge kamen in diesem Jahr im Januar: 91.671. Im Februar waren es 61.428, im März 20.608, im April 15.941 und im Mai 16.281. Fast genauso viele wurden auch im Juni im Ersterfassungssystem der Länder (EASY) registriert.

Wo liegen die Ursachen für den deutlichen Rückgang?

Laut Innenminister liegt der Rückgang ab März vor allem an der geschlossenen Balkanroute und daran, dass das EU-Türkei-Abkommen funktioniert. De Maiziere warnte jedoch vor zu viel Optimismus. Von Libyen nach Italien seien bisher 70.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer gelangt. Italien verhalte sich korrekt nach dem Dublin-Abkommen, wonach die Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen müssten, in dem sie in der EU ankommen. Deswegen erreiche eine große Zahl der Menschen nicht Deutschland. Ob das so bleibt, ließ er offen.

Woher kommen die meisten Flüchtlinge?

Die größte Gruppe der neu registrierten Asylsuchenden kam mit rund 75.000 aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Weitere Herkunftsländer waren Afghanistan (39.000), der Irak (38.000), gefolgt vom Iran (9200) und Russland (5300).

Wie ist die Entwicklung bei den Asylanträgen?

Während die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zurückging, wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im ersten Halbjahr viel mehr Anträge gestellt von jenen, die schon im Land waren und bisher ihren Antrag aus unterschiedlichsten Gründen nicht einreichten. Teilweise war auch die Verwaltung überlastet. Die Behörde nahm seit Januar genau 396.947 Anträge von Flüchtlingen entgegen. Entschieden wurde im ersten Halbjahr über 283.236 Anträge. 146.815 wurden als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt, lediglich 909 davon erhielten auch Asyl. 70.437 Gesuche wurden abgelehnt. Bis Ende Mai verließen etwa 25.000 Flüchtlinge Deutschland wieder freiwillig. Zudem gab es rund 12.000 Abschiebungen.

Ist die Behörde bei der Bearbeitung schneller geworden?


Ja, so BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise. Durch mehr Personal - von 6300 zusätzlich geschaffenen Stellen sind nur 500 noch nicht besetzt - hat sich nach Angaben von Weise die Bearbeitungsdauer für die Hälfte der aktuell gestellten Anträge auf durchschnittlich eine Woche und für die andere Hälfte mit schwierigeren Fällen auf 3,7 Monate verkürzt. Im laufenden Jahr könne das BAMF rund 500.000 Fälle bearbeiten. Gleichwohl gibt es auch einen Rückstau bei den Anträgen, der sich ebenfalls auf rund 500.000 beläuft.

Welche Reaktionen gibt es auf die Entwicklung noch?

Nicht jeder freut sich darüber. So kritisierte der stellvertretende Geschäftsführer von Pro Asyl, Bernd Mesovic: "Während in Deutschland Unterkünfte leer stehen, leben Flüchtlinge in Griechenland und einigen anderen Staaten auf der Straße, oft monatelang ohne Chance auf Registrierung ihres Asylgesuchs."