Ex-Sprecher Glaeseker: Wulff wusste von allem
Hannover (dpa) - Der langjährige Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, hat vor Gericht Aussagen des früheren Bundespräsidenten widersprochen und den Vorwurf der Bestechlichkeit zurückgewiesen.
Wulff sei stets über sein Vorgehen informiert gewesen - auch über das Einsammeln von Sponsorengeldern für das umstrittene Promi-Fest Nord-Süd-Dialog, sagte Glaeseker vor dem Landgericht Hannover. Dort muss er sich seit Montag wegen Bestechlichkeit verantworten.
„Es war erkennbar für mich, dass Wulff die Idee nicht nur unterstützte, sondern auch Unternehmen aktiv ansprach“, betonte Glaeseker. Seit Wulffs Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident galt Glaeseker als dessen enger Vertrauter. Wulff habe auch von seiner Freundschaft zum Eventmanager Manfred Schmidt gewusst. Der hatte die Lobbyveranstaltung Nord-Süd-Dialog organisiert und damit viel Geld verdient; heute sitzt er mit Glaeseker auf der Anklagebank.
Die Staatsanwaltschaft legt Glaeseker zur Last, er habe Schmidt als Wulffs Regierungssprecher 2007 bis 2009 bei der Sponsorensuche für den Nord-Süd-Dialog gehofen. Dieser soll ihn dafür zu Gratis-Urlauben sowie Flugreisen eingeladen haben. Wulff hatte 2012 bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass er von Glaesekers Freundschaft mit Schmidt ebenso wenig gewusst habe wie von dessen Besuchen in Spanien und Frankreich.
Auch wenn es keinen direkten Auftrag für das umstrittene Sammeln von Sponsorengeldern gegeben habe, sei Wulff doch stets im Bilde gewesen, betonte Glaeseker. „Ich habe mich im Sinne meines Dienstherren engagiert“, sagte der 52-Jährige. Im Februar wird Wulff zu den Vorwürfen gehört. Gegen ihn läuft im selben Gericht ein Prozess wegen Vorteilsannahme.
Richterin Renata Bürgel interessierte sich am ersten Prozesstag vor allem für die Beteiligung Glaesekers an der Sponsorenwerbung. Dieser hatte in einer Sammelmail „im Sinne des Ministerpräsidenten“ Unternehmen auf das von seinem Freund Schmidt organisierte Fest aufmerksam gemacht und um Unterstützung geworben.
Mit Blick auf die Veranstaltung sagte Glaeseker, es sei erkennbar gewesen, dass Wulff Unternehmen aktiv angesprochen habe. Um sich die Arbeit zu erleichtern, habe er dann das, was Wulff erklärt habe, „in einer Sammel-E-Mail verschriftlicht“.
„Wie viel war notwendig?“, fragte die Richterin. In ihrer Befragung kehrte sie immer wieder zurück zu dem Aspekt, dass es offenbar keinen Überblick über die Höhe der benötigten Gelder oder die Gewinnmarge des Veranstalters gab. Glaeseker blieb darauf zunächst die Antwort schuldig.
Am Morgen hatte er eine Erklärung verlesen, in der er zunächst seinen beruflichen Werdegang zitierte. Stets habe er sich als Journalist und Dienstleister gesehen, betonte er.
Sein Verhältnis zu Wulff beschrieb er mit den Worten: „Ich wusste meist blind, was er wollte.“ Meist habe es Absprachen mit ihm auf dem kurzen Dienstweg gegeben. Als einer, der von außen in die Staatskanzlei kam, sei er kein Mann der vielen Aktenvermerke gewesen. Ein Handeln ohne Wulffs Wissen oder gegen seinen Willen habe es aber nie gegeben.
Auf die selbst aufgeworfene Frage, warum er sich trotz fehlendem direkten Auftrag für das Eintreiben von Sponsorengeldern engagiert habe, antwortete Glaeseker: „Weil ich wusste, wie wichtig es für Wulff war.“ Der habe auch von seinen Urlauben bei Schmidt gewusst, mit dem er eine fast schon familiäre Freundschaft pflege.
Auch Schmidt betonte die enge Beziehung zu Glaeseker und dessen Frau Vera: „Sie sind meine besten Freunde.“ Die Einladungen für die Besuche habe es lange vor dem Nord-Süd-Dialog gegeben - sie bestünden bis heute. Davon habe Wulff auch Kenntnis gehabt. „Es ist für mich undenkbar, dass Wulff nicht davon gewusst hat“, ließ Schmidt seinen Anwalt erklären. Seine berufliche Existenz sei durch das Ermittlungsverfahren und die Berichterstattung darüber ruiniert.
Das Verhältnis zwischen den einstigen Weggefährten Wulff und Glaeseker liegt mittlerweile brach. Als er selbst wegen des Kredits für sein inzwischen verkauftes Haus in die Schlagzeilen geriet, entließ Wulff, damals noch Bundespräsident, seinen Sprecher kurz vor Weihnachten 2011. „Es gab manche Enttäuschung, aber Verbitterung ist meine Sache nicht“, sagte Glaeseker dazu mit stockender Stimme.