Forscher: USA unterstützten Willy Brandt mit Geheimzahlungen

Berlin (dpa) - Die USA haben den späteren deutschen Kanzler Willy Brandt nach Erkenntnissen eines Historikers in den 50er Jahren mit geheimen Zahlungen im SPD-internen Machtkampf unterstützt.

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1950 hätten sie dem damaligen Bundestagsabgeordneten und späteren SPD-Chef 200 000 Mark zukommen lassen.

Dieses Ergebnis seiner Recherchen im Berliner Landesarchiv präsentierte der Historiker Scott Krause der Berliner Willy-Brandt-Stiftung. Zunächst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet.

Demnach förderten die Amerikaner Brandt, weil er zu jenen Berliner Sozialdemokraten gehörte, die eine Westintegration der jungen Bundesrepublik befürworteten. In der SPD war dieser Kurs damals umstritten. Viele Sozialdemokraten lehnten eine Wiederbewaffnung und die Orientierung auf die USA ab. Um dies zu ändern, hätten die Amerikaner auf eine Gruppe in der Westberliner SPD um den Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter gesetzt, zu der auch Brandt gehörte.

Brandt habe sich von den Amerikanern aber nicht kaufen lassen, betonte der stellvertretende Geschäftsführer der Willy-Brandt- Stiftung, Bernd Rother. „Es hat sich niemand kaufen lassen. Denn kaufen lassen bedeutet, etwas gegen Geld zu tun, was man sonst nicht tun würde“, sagte er. Brandt dagegen habe diesen politischen Kurs vorher schon vertreten. Den USA sei es darum gegangen, die Demokratie in Westberlin zu stärken - und die Leute, die sich dafür engagierten.

Diese Einschätzung teilt auch der Historiker Krause. „Ja, Willy Brandt hat Zahlungen aus amerikanischen Kassen angenommen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Man muss das aber im Kontext des Kalten Krieges und der Demokratisierung Deutschlands sehen. Es war ein gemeinsames politisches Projekt.“ Die Initiative dafür sei sogar von Berlin ausgegangen.

Die finanzielle Hilfe war Krauses Recherchen zufolge als Kauf von Zeitungssonderbeilagen getarnt. Zum überhöhten Preis von 200 000 Mark hätten die Amerikaner zwei je sechsseitige Beilagen beim Berliner Stadtblatt gekauft, dessen Chefredakteur Brandt war. In den Beilagen hätten Brandt, Reuter und andere für den Marshall-Plan geworben. Nach Einschätzung Krauses blieben von der Kaufsumme rund 170 000 Mark übrig. Zudem gebe es Hinweise auf weitere Geldleistungen und Wahlkampfhilfen.

„Dieses amerikanische Geld ging an eine gute Sache - und es stand bei weitem nicht allein, sondern entsprach insgesamt den Aktivitäten der Amerikaner in Westberlin und der Bundesrepublik“, sagte Rother. Nach „Spiegel“-Recherchen entsprachen die 200 000 Mark damals rund einem Drittel der jährlichen SPD-Mitgliedsbeiträge in Berlin.

Eine entscheidende Unterstützung sei es nicht gewesen, sagte Rother. „Man kann nicht sagen, dass durch die 200 000 Mark der Amerikaner die Verhältnisse in der Westberliner SPD auf den Kopf gestellt wurden.“ Nach der Zahlung habe Brandt im Kampf um den Berliner SPD-Vorsitz zunächst zweimal verloren.

Auch Krause betonte: „Es gibt keinen direkten Zeitbezug amerikanische Spende - Willy Brandt steigt auf.“ Es sei den Amerikanern darum gegangen, subtil und sehr bewusst eine bereits existierende Strömung zu unterstützen.