Gauck Rede zum 9. Oktober: Bewegter Blick zurück

Bundespräsident Gauck feiert den 9. Oktober 1989 als Meilenstein im Kampf um die Freiheit, findet aber auch mahnende Worte.

Foto: dpa

Leipzig. Dem Leipziger Gewandhaus ist schon von draußen anzusehen, worum es an diesem 9. Oktober geht. Wo sonst Sighard Gilles monumentales Deckengemälde „Gesang vom Leben“ durch die große Glasfront schimmert, prangt eine überdimensionale „‘89“.

Foto: Bundesregierung/Steffen Kugler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Drinnen hat Bundespräsident Joachim Gauck zum Festakt geladen. Vor 1700 Gästen hält er eine „Rede zur Demokratie“. Darin hebt er die besondere Bedeutung des 9. Oktober 1989 in Leipzig hervor: „Hier und heute sagen wir es noch einmal ganz deutlich: kein 9. November ohne den 9. Oktober. Vor der Einheit kam die Freiheit.“

Am 9. Oktober 1989 waren mehr als 70 000 Menschen demonstrierend und mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ über den Leipziger Innenstadtring gezogen. Es war nicht die erste Montagsdemonstration, aber es war die entscheidende. „Zehntausende überwanden ihre Angst vor den Unterdrückern, weil ihre Sehnsucht nach Freiheit größer war als ihre Furcht“, sagt Gauck.

Dabei stand damals, an diesem dunklen Oktoberabend vor 25 Jahren, zu befürchten, dass die SED-Machthaber mit Gewalt reagieren würden. Leipzig, so schildern es Zeitzeugen, war an diesem Tag voller Polizei und Armee. Die Krankenhäuser waren in Alarmbereitschaft versetzt worden. Doch am Ende blieb es friedlich. Einen Monat später, am 9. November, fiel die Berliner Mauer.

Bundespräsident Gauck hält im Gewandhaus eine sehr persönliche Rede. Er erinnert an die vielen Menschen, die im Herbst 1989 in verschiedenen Städten der DDR Mut bewiesen. Und immer wieder schließt Gauck, der damals Pastor in Rostock war und dort das Neue Forum mitbegründete, sich selbst mit ein: „Wir vollbrachten etwas, was undenkbar schien: Wir zwangen das Regime zum Abdanken.“

Gauck hatte sich den ganzen Tag Zeit für das Gedenken in Leipzig genommen, zusammen mit den von ihm eingeladenen Staatspräsidenten von Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei. Die Gäste stehen für den internationalen Charakter der Umwälzungen 1989.

Gauck nutzt seine Rede nicht nur zum Blick zurück, sondern er schaut auch auf die Gegenwart und die Zukunft. „1989/90 glaubten wir, mit dem Ende des Kalten Krieges stehe Europa vor einem Jahrhundert des Friedens“, sagt Gauck. „Stattdessen sind wir heute konfrontiert mit gescheiterten Staaten, mit Terrorismus, Fundamentalismus, Gewalt, Anarchie und Bürgerkrieg.“ Der Bundespräsident mahnt erneut an, dass Deutschland eine aktive Rolle spielen müsse. „Wir haben miteinander neu darüber nachzudenken und wir haben zu bestimmen, welche Mitverantwortung Deutschland zu tragen bereit ist.“