Gefährliche Keime in Krankenhäusern auf dem Vormarsch
Berlin (dpa) - Hochgefährliche Krankheitserreger, die nicht oder kaum auf Antibiotika reagieren, werden in deutschen Krankenhäusern zum wachsenden Risiko. Es geht um Keime, die resistent sind oder nur mäßig empfindlich auf die Medikamente reagieren.
Ihr Anteil an der gemessenen Keimbelastung insgesamt ist in den vergangenen Jahren in Hunderten Kliniken deutlich gestiegen. Das geht aus einer Liste aus dem Bundesgesundheitsministerium hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Donnerstag vorlag. Sie stammt aus einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion.
Je nach Bakterien-Art stieg der Anteil an Keimen, die gegen alle Breitband-Antibiotika wenig oder gar nicht empfindlich sind, an den insgesamt gemessenen Keimen in den vergangenen fünf Jahren um 50 bis 200 Prozent. Die Anteile bewegen sich je nach Erreger zwischen 0,04 und 17,9 Prozent.
Die aufgeführten Fallzahlen lagen 2012 etwa beim Erreger Escherichia coli bei 55 im Vergleich zu 16 zwei Jahre zuvor, bei Acinetobacter baumannii bei 250 im Vergleich zu 217, bei Pseudomonas aeruginosa bei 3888 nach 2722.
Die Daten stammen aus einem Kontrollprojekt zu Antibiotika-Resistenzen, bei dem Kliniken ihre einschlägigen Daten mitteilen. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) betonte in ihrem Schreiben an die Grünen, dass der Vergleich der absoluten Zahlen unzulässig sei. Denn die Zahl der teilnehmenden Häuser veränderte sich ständig - sie stieg an: 269 Kliniken waren es 2010, 286 im Jahr 2012.
Der Abgeordnete Friedrich Ostendorff, der sich bei den Grünen um den Bereich kümmert, warf den zuständigen Bundesministern Daniel Bahr (FDP) und Ilse Aigner (CSU) Versagen im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen vor. „Die rapide Resistenzentwicklung ist ein weiterer Warnschuss“, sagte er der dpa. So müsse die Politik dafür sorgen, dass jeder Patient vor Klinik-Aufnahme auf gefährliche Keime hin untersucht werde. „Bei konsequentem Screening könnten mehrere 1000 Menschenleben jährlich gerettet werden.“ Alle Krankenhäuser müssten zudem verpflichtet werden, ihre Daten bekannt zu geben.
Als Ursachen für die Entwicklung resistenter Keime gelten eine allzu sorglose Gabe von Antibiotika sowie der Antibiotika-Einsatz in der Tierzucht. Ein neuer Report über die Qualität in Krankenhäusern stellt fest, dass es gut sei, dass in der Regel rund um Operationen zur Vorbeugung vor Infektionen Antibiotika gegeben würden - „möglicherweise aber ein Verbesserungspotenzial dahingehend besteht, dass diese an sich sinnvolle Antibiotikaprophylaxe nicht unnötig lange fortgeführt wird“.
Aus diesem Qualitätsreport 2012 des AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, der der dpa vorliegt, geht auch hervor, dass die Patienten in deutschen Kliniken überwiegend gut behandelt werden. Bei einer Auswertung der Daten der Kliniken fielen sogar deutlich weniger gravierende Schwachstellen auf als im Vorjahr. In Auftrag gegeben hatte diesen Report das höchste Gremium im Gesundheitswesen, der Gemeinsame Bundesausschuss von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken.
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, sagte der dpa, der Report zeige auch, „dass die Kliniken sich in der Keimbekämpfung verbessert haben“. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte, die Politik habe den Kampf gegen Krankenhauskeime etwa mit Meldepflichten und Schnelltests bereits aufgenommen. Die Antibiotika-Erforschung gehöre verstärkt.