Gewerkschafter zeigen sich kampfbereit

Berlin (dpa) - Zum 1. Mai sind hunderttausende Menschen für faire Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit auf die Straße gegangen.

DGB-Chef Michael Sommer schwor die Gewerkschaften am Tag der Arbeit auf einen harten Kampf gegen Niedriglöhne, die Macht der Banken und Spekulanten und gegen die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung ein. Bei der Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum 1. Mai erhielt er dafür in Stuttgart tosenden Applaus. An einem allgemeinen Mindestlohn führt nach seinen Worten kein Weg vorbei: „8,50 Euro die Stunde - das ist Beton. Darunter geht gar nichts“, rief Sommer.

Als falsche Politik auf dem Rücken der meisten Arbeitnehmer geißelte der DGB-Chef den Sparkurs im kriselnden Europa. „Denn es sind doch nicht die Menschen, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, sondern es sind die gierigen Eliten, die die Staaten ausgeplündert haben und es weiter tun und tun wollen“, sagte Sommer unter großem Beifall. Es gebe „nur eine vernünftige Möglichkeit, um eine Schuldenbremse überhaupt sozial gangbar zu machen. Die Steuern für Reiche müssen endlich wieder rauf“.

Zu den Kundgebungen kamen nach DGB-Berechnung bundesweit 419 000 Menschen. Im vergangenen Jahr waren es 423 000 gewesen. Die mehr als 420 Veranstaltungen und Kundgebungen standen in diesem Jahr unter dem Motto: „Gute Arbeit in Europa - Gerechte Löhne, Soziale Sicherheit“.

Für DGB-Chef Sommer spiegelt sich in den Teilnehmerzahlen „die Unzufriedenheit der Gewerkschaftsbewegung über die aktuelle Krisenpolitik der Bundesregierung und den rigiden Sparkurs in Europa wider“. Die „gute Beteiligung“ wertete er als „deutliche Aufforderung an Schwarz-Gelb, „endlich den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro in der Stunde einzuführen“.

Gegen die Rotstift-Politik ihrer nationalen Regierungen protestierten am Tag der Arbeit auch Zehntausende in Italien, Spanien und Griechenland. An den Demonstrationen gegen die harten Sparmaßnahmen der griechischen Regierung gegen den Bankrott des Landes nahmen aber weniger Menschen teil als erwartet.

Auch Verdi-Chef Frank Bsirske kritisierte die von den Konservativen Deutschlands und Frankreichs verfolgte Sparpolitik heftig. Am Ende stehe „eine europäische Wettbewerbsunion der niedrigsten Löhne, der niedrigsten Unternehmenssteuern und sozialen Standards“, sagte Bsirske bei der Mai-Kundgebung in Saarbrücken.

IG-Metall-Chef Berthold Huber forderte in Hamburg die unbefristete Festeinstellung von Azubis und mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte. „Es muss Schluss seien mit der miesen Sitte, junge Menschen nur befristet zu übernehmen.“ Auch mit Eingriffen in die Arbeitnehmerrechte in Europa dürfe es nicht weitergehen. Nur mit demokratischen Rechten für Beschäftigte könnten ungesicherte Arbeitsverhältnisse wirkungsvoll eingedämmt werden. „Der Zwang, Arbeit annehmen zu müssen, treibt Menschen in Jobs, die der Arbeit jede Würde nehmen“, kritisierte Huber.

Sommer warb für eine Finanztransaktionssteuer zur Regulierung der Geldmärkte. „Der Staat bekäme nicht nur Geld, wenn Ihr Euch eine Brezel kauft, sondern auch dann, wenn die Spekulanten ihre Computer tanzen lassen. Damit könnten wir Konjunkturprogramme finanzieren oder die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen“, rief Sommer. „Dann wird jeder Knopfdruck, mit dem Spekulanten Milliarden um den Globus jagen, richtig teuer.“

Außerdem warnte der DGB-Chef vor einem schleichenden Niedergang sozialer Errungenschaften. „Wer über Schuldenbremsen schwadroniert, der sollte den Leuten die Wahrheit sagen: Nämlich, dass man in Wahrheit die Handlungsfähigkeit der Staaten einschränken will und auch den Sozialstaat beschneiden.“ Sommer warb für das Gegenteil: Statt Spar- müssten Konjunkturprogramme her.

Für die laufenden Tarifkonflikte bei der Telekom und bei den Metallern rechnet Sommer mit einem harten Kampf. Die Zeit sei reif für ein spürbares Plus. „Nach Jahren von Reallohn-Verlusten in vielen Bereichen unserer Wirtschaft, nach Jahren der gemeinsamen Anstrengungen, dieses Land durch die Krise zu führen, Firmen und Arbeitsplätze zu retten, sind wir jetzt dran.“