Gysi: Die DDR war kein Unrechtsstaat
Berlin (dpa) - Linksfraktionschef Gregor Gysi sieht die DDR nicht als Unrechtsstaat. Der Vorsitzende der Linke-Abgeordneten im Bundestag kritisierte eine entsprechende Formulierung in einem Papier von SPD, Grünen und Linken aus den Sondierungsgesprächen über eine Koalition in Thüringen.
„Es stimmt eben nicht, dass, wenn man kein Rechtsstaat ist, dass man dann automatisch ein Unrechtsstaat ist“, sagte Gysi bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Gleichzeitig machte er aber klar, dass er Rot-Rot-Grün an einer solchen Formulierung nicht scheitern lassen würde. „Die Bekenntnisse sind für mich nicht das Wichtige. Das Wichtige sind für mich wirklich die realen Veränderungen für die Thüringerinnen und Thüringer.“
Scharfe Kritik an den Äußerungen Gysis kam aus der Union. „Gysi schlägt allen Opfern der SED-Verbrechen kalt ins Gesicht“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. „Wir werden nicht zulassen, dass die Linkspartei die Geschichte umschreibt und die SED-Machthaber von Schießbefehl und Bespitzelung reinwäscht.“
SPD, Linke und Grüne in Thüringen hatten vorige Woche in ihren Sondierungsgesprächen über eine mögliche Regierungsbildung ein Papier mit dem Titel „„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - Zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte“ verfasst. Darin heißt es: „Weil durch unfreie Wahlen bereits die strukturelle demokratische Legitimation staatlichen Handelns fehlte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit in der DDR ein Ende haben konnte, wenn einer der kleinen oder großen Mächtigen es so wollte, weil jedes Recht und Gerechtigkeit für diejenigen verloren waren, die sich nicht systemkonform verhielten, war die DDR in der Konsequenz ein Unrechtsstaat.“
Gysi begründete seine Ablehnung des Begriffs so: „Das bedeutete ja, dass die drei Westmächte legitimiert einen Staat gegründet haben, und die Sowjetunion nach 20 Millionen Opfern als Antwort keinen Staat gründen durfte.“
Schon zweimal trug Streit über den Umgang mit der DDR-Vergangenheit zum Scheitern rot-rot-grüner Sondierungsgespräche bei: 2009 in Thüringen und 2010 in Nordrhein-Westfalen.