Bahrs Allianz-Job befeuert Debatte über Auszeit für Politiker

Berlin (dpa) - Mit dem Wechsel von Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zum Allianz-Konzern werden Forderungen nach verbindlichen Regeln für ausgeschiedene Politiker wieder lauter.

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Linke und Grüne mahnten die seit „langem überfälligen“ gesetzlichen Regeln für Karenzzeiten bei einem Übertritt von der Politik in die Wirtschaft an. Sie warfen Schwarz-Rot Untätigkeit vor.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann geht davon aus, dass bald ein abgestimmter Vorschlag der großen Koalition vorliegt. Der Bundestag wird sich nach langer Hängepartie nächste Woche mit Übergangsfristen für ausscheidende Minister beschäftigen.

Bahr arbeitet künftig für die Konzerntochter Allianz Private Krankenversicherung. Der FDP-Politiker ist wertvoll für das Unternehmen, weil er als Abgeordneter und Minister auch für private Kranken- und Pflegeversicherungen zuständig war. Der gelernte Bankkaufmann, studierte Volkswirt und Gesundheitsökonom startet gut zehn Monate nach dem Regierungsamt in seinem neuen Job. Die FDP wurde vor einem Jahr aus dem Bundestag herausgewählt.

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart: „Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden“, werde für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretäre und politische Beamte eine „angemessene Regelung“ angestrebt. Die schwarz-roten Gesetzespläne ziehen sich aber hin.

Das Thema war schon in den Koalitionsverhandlungen umstritten. Wegen des Wechsels des ehemaligen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) zur Deutschen Bahn forderten die Fraktionen von Union und SPD im Januar, dass das Bundeskabinett eine Regelung für Übergangsfristen beschließen soll. Die SPD nannte als möglichen Kompromiss eine Karenzzeit von zwölf Monaten für frühere Bundesminister.

Oppermann sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Mittwoch): „Ich bin zuversichtlich, dass es bald einen abgestimmten Vorschlag für eine verbindliche Karenzzeit geben wird.“ Nach Angaben des Blattes werden letzte Details zwischen Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und den Regierungsfraktionen abgestimmt. Nicht ausgeschlossen sei, dass über das Thema bei dem für Dienstag geplanten Koalitionsausschuss beraten wird.

Im Bundestag war die Debatte mehrmals auch in Ausschüssen von der Tagesordnung genommen worden. Nun muss sich das Plenum am Donnerstag kommender Woche mit einem Antrag der Grünen für Übergangszeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder befassen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, warf der Koalition vor: „SPD und Union mauern seit Januar.“ Die Untätigkeit müsse offengelegt werden: „Wir brauchen dringend eine gesetzliche Regelung.“

Kathrin Vogler von den Linken erklärte, sie halte Bahrs Wechsel auf einen hoch bezahlten Führungsposten beim Versicherungskonzern Allianz für „anrüchig“. Nach noch nicht mal einem Jahr „Schamfrist“ seit seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt wechsele er ausgerechnet zu der Branche, die er als Minister auf das Feinste bedient habe.

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn stellte sich hinter Bahr. Dieser habe eine Karenzzeit von fast einem Jahr eingehalten. Zudem konnte doch jeder jederzeit transparent wissen, wo Bahr und die FDP in Sachen Private Krankenversicherung stehen. „Wenn ein SPD'ler zur AOK wechselt, beschwert sich doch auch keiner.“ Nichtsdestotrotz mache es Sinn, dies endlich gesetzlich zu regeln. „Das schafft Sicherheit für alle Beteiligten“, so Spahn.

FDP-Chef Christian Lindner sieht nichts Anrüchiges in dem Wechsel. „Im Unterschied zu anderen Politikern wurde Daniel Bahr nicht wegen seiner politischen Kontakte, sondern wegen seiner Kenntnisse als anerkannter Gesundheitsexperte an Bord geholt“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“ (Mittwoch).