Hamburg reicht Verfassungsklage gegen Betreuungsgeld ein

Hamburg (dpa) - Fünf Monate vor der Einführung des Betreuungsgeldes hat Hamburg eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die umstrittene Leistung eingereicht. Dass die Einführung zum 1. August noch gestoppt wird, ist aber fraglich.

„Dem Bund fehlt es an der notwendigen Gesetzgebungskompetenz. Eine bundeseinheitliche Regelung ist nicht erforderlich“, sagte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) am Mittwoch. Das Vorhaben sei auch aus gleichstellungspolitischer Sicht falsch. „Es hält Frauen davon ab, nach der Geburt eines Kindes wieder ins Berufsleben einzusteigen.“

Ob die Klage den Start des Betreuungsgeldes zum 1. August verzögert oder gar verhindert, ist jedoch fraglich. Der Hamburger Senat hat keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts erklärte in Karlsruhe, es sei noch nicht absehbar, wie lange es bis zu einer Entscheidung dauern werde. Sollte sich das Verfahren hinziehen, tritt das Betreuungsgeldgesetz erst einmal wie geplant in Kraft.

Die CSU im Bundestag kritisierte das Vorgehen des SPD-geführten Hamburger Senates als „Populismus pur“. Sie sehe der Klage gelassen entgegen, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Bundespräsident Joachim Gauck hatte das vor allem von der CSU forcierte Gesetz am vergangenen Freitag unterschrieben. Es war auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition lange umstritten. Eltern, die für ihr Kind im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz oder eine staatlich bezahlte Tagesmutter in Anspruch nehmen, sollen ein monatliches Betreuungsgeld von zunächst 100 Euro, später 150 Euro erhalten.

Die Hamburger Landesregierung kritisiert, dass das Betreuungsgeld die Gestaltungsfreiheit der Eltern einschränke. Wer sein Kind nur eine Stunde in der Woche in eine staatlich geförderte Kita gebe, verliere den Anspruch auf Betreuungsgeld. Die SPD hat bereits angekündigt, das Betreuungsgeld im Fall eines Wahlsieges unmittelbar nach der Bundestagswahl wieder abzuschaffen und das dafür vorgesehene Geld in den Kita-Ausbau zu investieren.

In Hamburg würde die neue Leistung für Eltern nach Angaben des Senats voraussichtlich mit 22,5 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Damit könnten 2100 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren finanziert werden, sagte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). „Das Betreuungsgeld zementiert ein überholtes Familienbild und hält vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien aus den Kitas fern.“