Haushaltsausschuss beschließt schuldenfreien Etat - Opposition: Trickserei
Berlin. Müde, aber glücklich: Nach einer nächtlichen Marathonsitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag war der erste Etat ohne neue Schulden seit 40 Jahren am Freitagmorgen unter Dach und Fach.
Damit nicht genug, will die große Koalition auch mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm ab 2016 glänzen. Allerdings funktioniert dieser Plan vorerst nur nach dem Prinzip Hoffnung.
Der Chefhaushälter der Union, Norbert Barthle, ist eigentlich ein bedächtiger Mann. Doch gestern kam der Schwabe geradezu ins Schwärmen: "Mission erfüllt - die schwarze Null steht". Das sei schon ein "historisches Ereignis", so der CDU-Politiker vor Medienvertretern. Es sei "richtig, keine neuen Schulden zu machen", wirkte sein SPD-Fachkollege Johannes Kahrs dagegen betont nüchtern.
Bei den Genossen ist das Thema eben weniger populär. Viele hätten dort auch kein Problem damit, würde sich der Staat weiter Geld etwa zugunsten von Investitionen borgen. In der Zahlenübersicht für den Etat 2015 wird die Rubrik "Nettokreditaufnahme" zwar noch aufgeführt. Aber darunter steht jetzt nur ein Strich.
Für das laufende Jahr finden sich an gleicher Stelle noch neue Schulden in Höhe von 6,5 Milliarden Euro. Was Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon seit Monaten angekündigt hatte, den ersten ausgeglichenen Etat seit 1969, ist damit zumindest rechnerisch wahr geworden. Schäubles Amtsvorgänger hatten das ebenfalls schon versucht. Aber immer kamen irgendwelche Krisen dazwischen.
Auch die "schwarze Null" für 2015 ist kein Selbstläufer. Schließlich hat sich das konjunkturelle Klima spürbar abgekühlt. Allerhand günstige Umstände dafür, dass die Rechnung auf dem Papier stimmt.
Dazu ein paar Beispiele: - Wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus spart der Bund allein beim Schuldendienst für 2015 Ausgaben in Höhe von 1,33 Milliarden Euro gegenüber früheren Planungen. Damit gibt er nur noch rund 25 Milliarden Euro für die Zinsen aus. In früheren Jahren waren es auch schon mal 46 Milliarden. Dabei ist die Verschuldung des Bundes seitdem weiter gestiegen.
- Durch eine Neubewertung der Wirtschaftkraft aller Mitgliedsländer bekommt Deutschland von der EU eine Gutschrift in Höhe von fast 2,2 Milliarden Euro.
- Weil die Sozialkassen dank der guten Lage am Arbeitsmarkt immer noch prall gefüllt sind, überweist Schäuble der gesetzlichen Krankenversicherung 2,5 Milliarden Euro weniger als geplant. Weitere 400 Millionen Euro spart der Bund durch die Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9 auf 18,7 Prozent. Denn eine Beitragsreduzierung bedeutet automatisch einen geringen Bundeszuschuss an die Rentenkasse.
So kommt einiges an positiven Effekten zusammen. Die Opposition warf Schwarz-Rot deshalb auch Trickserei vor. Schäuble verschulde sich zwar nicht mehr bei den Banken, dafür aber bei den Sozialkassen und der Infrastruktur, rügte der grüne Haushälter Sven-Christian Kindler. Der Etat habe eine schillernde Fassade, "aber dahinter bröckelt es gewaltig", so Kindler.
Alles "leere Blasen", konterten Barthle und Kahrs die Angriffe. Nach ihrer Darstellung soll die "Schwarze Null" auch für alle weiteren Bundeshaushalte bis mindestens 2018 Bestand haben. Und obendrein wurde auch noch das von Schäuble vor einigen Tagen angekündigte Investitionsprogramm etwa für Verkehrsprojekte im Umfang von zehn Milliarden Euro auf den Weg gebracht.
Für dessen Finanzierung hofft Schwarz-Rot weiter auf niedrige Zinsen und eine einigermaßen florierende Wirtschaft. Auf Nachfragen, woher das Geld konkret kommen solle, verriet SPD-Fachmann Kahrs schließlich doch noch einen Trick: "Jeder anständige Haushalter hat in seinem Haushalt Luft. Die Frage ist, wie viel, wo hat er sie versteckt und wann holt er sie raus".