Helmut Schmidt: Der „coolste Kerl Deutschlands“ wird 95

Helmut Schmidt gilt als der bedeutendste Nachkriegskanzler. Noch heute mischt er sich in gesellschaftliche Fragen ein.

Hamburg. Was für eine Frage: Natürlich gibt es kein rauschendes Fest, keine staatstragenden Reden und auch keine üppigen Bankette. Helmut Schmidt feiert traditionell in seinem Doppelhaus im Hamburger Norden — im engsten Kreis. Das hat er schon beim 90. Geburtstag so gehalten — und er gedenke es nun bei seinem 95. auch nicht anders zu machen, lässt der Altkanzler über sein Büro wissen.

Helmut Schmidt ist zwar seit gut 30 Jahren kein Kanzler mehr. Doch das Interesse an dem Hamburger Ehrenbürger, zigfachen Preisträger und Herausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist nach wie vor groß. Wo immer der laut Umfrage bedeutendste Nachkriegskanzler auftaucht — die Säle sind voll. Besonders in Hamburg, wo die Menschen sein Engagement als Innensenator bei der verheerenden Sturmflut 1962 mit mehr als 300 Toten nicht vergessen haben. Damals hatte der gebürtige Hamburger eigenmächtig kurzerhand die Bundeswehr herbeibeordert, um den Menschen zu helfen.

Längst ist der 2008 in einer Umfrage zum „coolsten Kerl Deutschlands“ gewählte Schmidt auf dem Weg in die politische Unsterblichkeit. Das Lob gilt über Parteigrenzen hinweg. Am 21. Oktober 2010 starb seine Ehefrau Loki mit 91 Jahren — nach 68 Jahren Ehe. Knapp zwei Jahre danach bekannte sich Schmidt zu einer neuen Beziehung mit seiner früheren Mitarbeiterin Ruth Loah — was Schmidts Tochter Susanne „sehr froh“ gemacht habe.

Bundesweit am stärksten in Erinnerung geblieben ist die Kanzlerschaft (1974-1982) des früheren Verteidigungs- und Finanzministers — sie war von der Ölkrise, der Vorbereitung eines europäischen Währungssystems und dem Nato-Doppelbeschluss geprägt. Vor allem aber die Morde und Entführungen durch die Rote Armee Fraktion (RAF) haben Schmidts Amtszeit bis heute geprägt. Denn als am 5. September 1977 Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von der RAF entführt wurde, blieb der Kanzler hart, verweigerte den Terroristen Verhandlungen. Nach sechs dramatischen Wochen war Schleyer tot.

„Mir ist sehr klar bewusst, dass ich — trotz aller redlichen Bemühungen — am Tode Hanns Martin Schleyers mitschuldig bin“, sagte Schmidt. Und war gerade deshalb sehr bewegt, als ihm die Familie Schleyer 36 Jahre nach dem RAF-Mord als Zeichen der Versöhnung im April 2013 den Hanns-Martin-Schleyer-Preis verlieh.