Höhere Mütterrente und Rente ab 63 können zum 1. Juli kommen

Berlin (dpa) - Es ist das teuerste Projekt der schwarz-roten Koalition: Das vielkritisierte große Rentenpaket hat den Bundestag passiert. Verbesserte Mütterrente und abschlagfreie Rente ab 63 können nun wie geplant kommen.

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Etwa zehn Millionen Bundesbürger können sich über Verbesserungen freuen. Es sind nach jahrelangen Abstrichen die ersten Leistungsverbesserungen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag das von der Opposition scharf kritisierte große Rentenpaket mit deutlicher Mehrheit. Damit ist der Weg frei für die verbesserte Mütterrente und die abschlagfreie Rente ab 63. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen.

Linke und Grüne bezeichneten das Paket als unausgewogen und ungerecht. In namentlicher Abstimmung stimmten 460 Abgeordnete für das Gesetz, 64 dagegen und 60 enthielten sich. Einige Nein-Stimmen dürften auch aus dem Lager von CDU/CSU gekommen sein.

Die Mehrheit für das Vorhaben war jedoch nicht gefährdet, weil die schwarz-rote Koalition im Parlament über rund 80 Prozent der Abgeordnetensitze verfügt. Anfang der Woche hatten sich Union und SPD nach mehreren Monaten Verhandlungen auf einen Kompromiss verständigt.

Das Rentenpaket enthält neben der verbesserten Rente für ältere Mütter und der abschlagsfreien Rente ab 63 für langjährig Versicherte verbesserte Renten für Erwerbsgeminderte sowie mehr Geld für Reha-Leistungen. Pro Jahr kostet das zwischen neun und elf Milliarden Euro mehr. Die Neuregelungen sollen vom 1. Juli an gelten.

Eine Arbeitsgruppe soll nach dem Willen von Union und SPD zudem bis zum Herbst Vorschläge für den flexibleren Übergang in Rente vorlegen. Ziel ist es, dass Arbeitnehmer über das 65. Lebensjahr hinaus befristet und auf freiwilliger Basis weiterarbeiten können. Aufgrund dieses Gegenkonzepts zur von ihnen kritisierten Rente ab 63 gaben viele Unionsabgeordnete den Widerstand gegen das Rentenpaket auf.

Für Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sind die Neuregelungen ein Signal der „gelebten Solidarität“ - zwischen „Jungen und Alten, Reichen und Armen, Starken und Schwachen“. Die überwiegende Mehrheit der Bürger halte das Rentenpaket für gerecht und notwendig.

Durch die Reformen der vergangenen 15 Jahre sei den Bürgern einiges abverlangt worden, um Deutschlands Wohlstand zu sichern, räumte Nahles ein. Nun sollten auch jene daran teilhaben, die dies ermöglicht hätten: mit Kindererziehung oder lebenslanger Arbeit. Es würden aber auch jene bedacht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten könnten.

Linke und Grüne zeigten sich unzufrieden. „Ja, manches wird besser, aber vieles bleibt so schlecht, wie es ist“, sagte der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald. Er nannte das weiter sinkende Rentenniveau und das Festhalten an der Rente mit 67. Mit der rollierenden Stichtagsregelung gegen Missbrauch der Frührente ab 63 und dem Ausschluss von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit bei der Anrechnung der notwendigen 45 Versicherungsjahre sieht er „weitere Gerechtigkeitslücken“ geschaffen.

Der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Markus Kurth, warf der Koalition vor, die Prioritäten falsch gesetzt zu haben. Schwarz-Rot tue nichts gegen das wachsende Problem der Altersarmut. Die Leistungsverbesserungen begünstigten nur bestimmte Gruppen. Das Paket sei - weil aus den Rücklagen der Rentenkasse - zudem falsch finanziert.

Union und SPD wiesen die Kritik einmütig zurück. Aus ihrer Sicht ist das Rentensystem mit der Neuregelung nun sicherer und sozialer geworden. Die Koalition habe die Versprechen im Wahlkampf mit dem Rentenpaket eingelöst. Die CSU sieht in der verbesserten Mütterrente ein „Herzensanliegen“ erfüllt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund nannte das Rentenpaket einen ersten wichtigen Reform-Schritt, dem aber weitere folgen müssten. Für die Arbeitgeber bleibt das Gesetz „ein teurer Fehler, der vor allem die jüngere Generation mit einer milliardenschweren Hypothek belastet“.