Im zweiten Anlauf: Kramp-Karrenbauer regiert an der Saar
Saarbrücken (dpa) - Ihre Wahl galt als Formsache. Doch Annegret Kramp-Karrenbauer brauchte auf ihrem Weg an die Regierungsspitze im Saarland zwei Anläufe. SPD-Landeschef Maas sorgte als Herausforderer für einen Wahlkrimi.
Erst im zweiten Versuch gelang Kramp-Karrenbauer (CDU) die Wahl zur neuen Ministerpräsidentin des Saarlands . Die CDU-Landeschefin bekam am Mittwoch allerdings auch da nur knapp die erforderliche Mehrheit. 26 von 51 Abgeordneten stimmten für die 49-Jährige - eine Stimme weniger als die Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen hat.
Kramp-Karrenbauer folgt Regierungschef Peter Müller als erste Frau an der Spitze des Saarlandes. Die bisherige Sozialministerin setzte sich gegen den SPD-Landesvorsitzenden Heiko Maas durch, der erst in letzter Minute seine Gegenkandidatur angekündigt hatte. Im ersten Wahlgang gab es bei einer Enthaltung mit je 25 Stimmen ein Patt. Die Wahl von Kramp-Karrenbauer hatte zuvor als so gut wie sicher gegolten.
„Der Start war etwas holprig“, räumte die neue Regierungschefin ein. „Aber als Mutter von drei Kindern weiß ich: Die schwersten Geburten bringen die schönsten Kinder auf die Welt.“ Zu ihrem neuen Amt sagte sie: „Dass ich die Geschicke des Landes lenken darf als erste Frau im Saarland überhaupt, das ist eine große Auszeichnung. Das ist vor allem aber auch eine große Herausforderung.“
Die 49-Jährige wurde von Landtagspräsident Hans Ley (CDU) vereidigt. „Ich nehme die Wahl an“, sagte sie. Ihre Wahl wurde von der Regierungskoalition mit langem, erleichtertem Beifall quittiert. Nach dem überraschenden Scheitern im ersten Wahlgang wurde die Sondersitzung für eine Stunde unterbrochen. Zahlreiche Abgeordnete sprachen in der Sitzungspause von einem möglichen „Denkzettel“ für die bundesweit einzige Jamaika-Koalition.
Die fehlende Mehrheit im ersten Wahlgang erinnerte an ähnliche Wahlkrimis: In Thüringen wurde Christine Lieberknecht (CDU) im Oktober 2009 erst im dritten Anlauf gewählt. Im März 2005 gab in Schleswig-Holstein die SPD-Politikerin Heide Simonis nach dem vierten erfolglosen Wahlgang auf.
Simonis bedauerte die Abstimmungsschlappe für Kramp-Karrenbauer. „Frauen müssen immer mit dem Schlimmsten rechnen“, sagte Simonis der dpa in Kiel. „Es ist einfach nicht fair.“ Zwar bekämen auch Männer gelegentlich nicht alle Stimmen aus ihrem Lager. „Aber auffällig ist, dass sie es immer wieder bei Frauen versuchen.“
SPD-Oppositionsführer Maas fühlte sich „ein bisschen als Gewinner des Tages“, wie er später erklärte. Die Wahl habe gezeigt, dass die Jamaika-Regierung „nur noch eine instabile Mehrheit“ habe. „So wird man das Saarland auch in Zukunft nicht erfolgreich regieren können“, sagte er.
Der SPD-Abgeordnete Stefan Pauluhn hatte Maas unmittelbar vor der Wahl als Gegenkandidaten zu Kramp-Karrenbauer vorgeschlagen. Dies geschehe im Bewusstsein, „dass es hier andere Mehrheiten gibt“, sagte Pauluhn. „Dennoch wollen wir mit unserem Vorschlag deutlich machen, dass es zur Jamaika-Koalition eine politische und personelle Alternative gibt und geben wird.“
Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine erklärte nach der Wahl: „Entgegen der bisherigen Beteuerungen ist nunmehr bewiesen, dass die Jamaika-Koalition sehr instabil ist.“ Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, Kramp-Karrenbauer habe eine „schwere Hypothek auf den Weg gekriegt“. Damit zu regieren, sei nicht einfach.
Kramp-Karrenbauer ist nach Lieberknecht (CDU) in Thüringen und Hannelore Kraft (SPD) in Nordrhein-Westfalen die derzeit dritte weibliche Chefin eines Landeskabinetts. In zwei Wochen will die Ministerpräsidentin eine Regierungserklärung abgeben. Bis dahin sollen auch ihre Regierungsmannschaft stehen und die anderen Mitglieder ihres Kabinetts vereidigt werden.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gratulierte Kramp-Karrenbauer zur Wahl. Die neue Ministerpräsidentin stehe „für Kontinuität und neue Impulse gleichermaßen“. Gleichzeitig dankte er Müller für seine Arbeit und sein großes Engagement. Müller hatte am Dienstag sein Amt nach zwölf Jahren niedergelegt. Allgemein angenommen wird, dass der 55-jährige Jurist einen Posten als Verfassungsrichter in Karlsruhe anstrebt.