Integrationsgipfel: Beim Doppelpass ist die Union gespalten
CDU-Chefin weicht dem Thema auf dem Integrationsgipfel aus. Die CSU stemmt sich dagegen.
Berlin. Viel hat Angela Merkel nicht im Angebot. Die Kanzlerin hat gerade ihren sechsten Integrationsgipfel hinter sich gebracht. Mehr als aufmunternde Worte hat sie allerdings nicht parat. Da wären einige Appelle: Vorurteile müssten aus den Köpfen verschwinden, Deutschland müsse Unternehmern mit ausländischen Wurzeln gleiche Chancen geben und der öffentliche Dienst mehr Migranten einstellen. Mit Lösungen aber geizt die Kanzlerin. Um die großen Brocken der Integrationspolitik — die Frage nach leichteren Einbürgerungen und Doppel-Pass — macht sie einen Bogen.
Die Bundesregierung hat allen Grund, sich Gedanken über Integration zu machen. Schon heute stammt ein Fünftel der Bevölkerung aus Zuwandererfamilien. Die Alterung der Gesellschaft schreitet voran; das Land verliert auf lange Sicht massenhaft Einwohner, und damit auch jene, die arbeiten und in die Sozialkassen einzahlen. Das heißt: Deutschland braucht Einwanderer.
Derzeit kommen so viele wie lange nicht mehr: Auch junge Leute aus krisengeplagten Staaten wie Griechenland oder Spanien strömen ins Land — in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Viele von ihnen sind gut ausgebildet. Aber die Zuwanderer müssen auch eingegliedert werden. Daran hapert es bislang. Migranten haben in Deutschland immer noch Nachteile, etwa auf dem Arbeitsmarkt. Sie sind besonders von Arbeitslosigkeit betroffen. Und in vielen Branchen sind sie unterrepräsentiert.
Hinzu kommen ganz andere Probleme: Die Morde der rechtsextremen Terrorzelle NSU haben neue Verunsicherung unter Migranten geschürt. Viele fühlen sich ohnehin nicht recht willkommen, weil der Weg zur Einbürgerung lang ist. Und bislang müssen sich die meisten irgendwann für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Vor allem junge Türken stehen oft vor der schwierigen Wahl: Sind sie in Deutschland geboren, müssen sie bis zum Ende des 23. Lebensjahres zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern wählen.
Die Opposition ruft seit langem danach, mehr Menschen ins Land zu holen — und den Weg für den Doppelpass frei zu machen. Auch die FDP ist dafür offen. Parteichef Philipp Rösler wirbt eindringlich dafür, mehr qualifizierte Zuwanderer für Deutschland zu gewinnen und eine doppelte Staatsbürgerschaft zu erlauben. In der CDU gibt es einzelne Stimmen, die für Bewegung werben. Die CSU aber stemmt sich dagegen. Merkel will sich mit der unliebsamen Debatte beim Integrationsgipfel nicht lange aufhalten. Erfahrungsgemäß entscheide sich die Mehrheit derer, die vor der Wahl stünden, für den deutschen Pass, sagt sie. Und was zähle, sei ohnehin die Teilhabe im Land.