Islam-Unterricht in der Kritik
Im Sommer startet das Fach an 149 Schulen in NRW. Es gibt allerdings Probleme.
Düsseldorf. Nach den Sommerferien geht in vielen Schulen ein neues Unterrichtsfach an den Start: Als erstes Bundesland führt Nordrhein-Westfalen den islamischen Religionsunterricht ein. Doch bereits jetzt stehen Gesetz und Organisation in der Kritik. Die FDP in Hessen spricht von „Chaos bei der Einführung“ und von „Etikettenschwindel“. Der hessische Innenminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) hält die NRW-Lösung sogar für eine Verletzung des Grundgesetzes. Auslöser der Kritik ist das Gesetz zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach, das am 1. August in Kraft tritt und 2019 ausläuft.
Zunächst soll der bekenntnisorientierte Unterricht an den 149 Schulen in NRW beginnen, an denen bereits Islamkunde angeboten wird. Das neue Fach ist im Gegensatz zu der neutralen Islamkunde mit einem religiösen Erziehungsauftrag verbunden — genau so wie beispielsweise beim katholischen Religionsunterricht.
Eingeführt werden kann der Islam-Unterricht in NRW nur mit Hilfe einer Notlösung: Denn der Islam ist in Deutschland dem Gesetz nach nicht als Religionsgemeinschaft klar definiert. Um jedoch einen Lehrplan erstellen zu können, wird eine Art Dachverband als Ansprechpartner für das Land benötigt. Solange es diesen nicht gibt, übernimmt in NRW ein Beirat diese Rolle. Er besteht aus vier Personen, die die islamischen Organisationen entsenden und vier Mitgliedern, die das Schulministerium bestimmt. Der Beirat ist verantwortlich für den Lehrplan und die Auswahl der Lehrkräfte.
Die FDP in Hessen kritisiert diese Übergangslösung als „verfassungswidrig“ und macht sich dafür stark abzuwarten. Hessens FDP-Sprecher Hans-Christian Mick wirft der NRW-Regierung außerdem vor, „ohne gültigen Lehrplan ein angeblich neues Unterrichtsfach“ einzuführen.
Richtig ist laut NRW-Schulministerium, dass es noch keinen Lehrplan gibt. „Zunächst wird der Lehrplan der Islamkunde zugrunde gelegt. Der neue Plan wird noch entwickelt, aber so etwas braucht Zeit“ , erklärt Ministeriumssprecherin Barbara Löcherbach. Nicht nur auf den alten Lehrplan, auch auf die alten Islamkunde-Lehrer greift die Regierung zunächst zurück. Neue Lehrkräfte müssten erst an den Unis ausgebildet werden. Im Sommer erhielten die alten Lehrer eine Unterweisung, in der ihnen der Unterschied zwischen altem und neuem Unterricht verdeutlicht werde, so Löcherbach.
Sie sieht darin kein Problem: „Der Islam-Unterricht muss von unten wachsen.“ Für sie ist die gefundene Lösung ein Kompromiss für alle Seiten mit einem klaren Signal an die Muslime, sich bis zum Ablauf des Gesetzes zu organisieren. Zu lange habe man schon diskutiert und probiert, als dass man es sich leisten könnte, noch länger zu warten.
Das sieht Esnaf Begic, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Islamische Religionspädagogik der Uni Osnabrück, ähnlich: „Ich sehe das als pragmatische Lösung. Die jetzige Handhabung sollte jedoch nicht zur Dauerlösung werden.“ An seinem Insitut können Lehrer einen Erweiterungsmaster in islamischer Religionspädagogik machen und sich somit für den Islam-Unterricht weiterbilden.