FDP gibt Parteichef Rösler eine Schonfrist
Auf dem Parteitag heute ist kein Putsch in Sicht. Abgerechnet wird erst nach den Wahlen.
Karlsruhe. Bei der Wahl ihrer Betten ist die FDP-Spitze schon dort, wo sie bei der Bundestagswahl landen möchte: „5 Sterne Superior“ hat das Hotel „Erbprinz“, in dem während des Bundesparteitags an diesem Wochenende in Karlsruhe die wichtigsten Leute nächtigen. Unter den gegebenen Umständen wären fünf Prozent plus X im Bund 2013 das Wunschergebnis. Aktuell liegen die Liberalen in den meisten Umfragen deutlich darunter.
Viele in der FDP haben Zweifel, ob mit Philipp Rösler in den verbleibenden 18 Monaten der Wiederaufstieg auf Bundesebene gelingen kann. In Karlsruhe muss der angeschlagene Vorsitzende und Vizekanzler dennoch keinen Putsch fürchten. Unmittelbar vor den Schicksalswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen am 6. und 13. Mai will die FDP nicht als Intriganten-Club wahrgenommen werden.
„Niemand wird einen Dolch im Gewand führen — ein paar Reißzwecken aber schon“, heißt es in Parteikreisen. Der Kreisverband Hildburghausen stichelt etwa, die FDP-Führung mache es sich zur Gewohnheit, Beschwerden und Anfragen der Basis „mit Textbausteinen, Phrasen, teilweise hanebüchenen Ausreden und Halbwahrheiten“ zu beantworten. „Das ruft nichts anderes als Frust und Demotivation hervor.“
Rösler hat heute 45 Minuten Zeit, um mit seiner Rede die Kritik zu entkräften, ihm fehle als Parteichef das Format zur Rettung der FDP. Beim Dreikönigstreffen in Stuttgart verkrampfte der 39-Jährige, klammerte sich an sein Manuskript. Vor einem Jahr in Rostock war Rösler noch unbefangen gewesen, wurde mit 95 Prozent zum Nachfolger von Guido Westerwelle gekürt. In Karlsruhe werde er es wieder besser machen, versichern seine Berater.
Die Neuausrichtung der Partei, weg von Steuersenkungen und hin zum Mantra Wachstum, will Rösler besser erklären. Näher am Menschen. Das fordert der Kieler Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki, der sich über Röslers Strategie („Haarwachstum oder Familienwachstum?“) lustig machte. Röslers Überleben hängt von Kubickis Ergebnis und von Christian Lindners Abschneiden in Düsseldorf ab.
Kubicki wird den Parteitag — auf dem das Grundsatzprogramm und die Forderung nach einem ausgeglichenen Bundeshaushalt 2014 beschlossen werden sollen — eröffnen. Dann kommt Lindner. Ihm dürfte die Basis zu Füßen liegen. Er soll mit dem Wiedereinzug in den NRW-Landtag die Partei retten. Seine Anhänger hoffen, dass der 33-Jährige Rösler auf Sicht beerbt.