„Personeller Neuanfang“ Junge Union fordert Rückzug von Seehofer

Erlangen (dpa) - Nach dem CSU-Bundestagswahlfiasko stellt sich die bayerische Junge Union (JU) nun offen gegen Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer und fordert einen Rückzug des 68-Jährigen spätestens im kommenden Jahr.

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Ein Antrag, in dem mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2018 ein „personeller Neuanfang“ gefordert wird, wurde auf der Landesversammlung des CSU-Nachwuchses am Samstag in Erlangen mit deutlicher Mehrheit angenommen. Seehofer ging auf die Forderung am Samstag nicht näher ein - er werde sich erst nach den Gesprächen mit CDU, FDP und Grünen über eine mögliche Jamaika-Koalition dazu äußern.

„Für einen Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr braucht es einen glaubwürdigen personellen Neuanfang“, heißt es in dem Antrag der Jungen Union wörtlich. Und weiter: „Bei allen Verdiensten, die sich Horst Seehofer zweifellos in vielen Jahrzehnten für die CSU, Bayern und Deutschland erworben hat, muss er jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregierung.“

Seehofer steht seit dem CSU-Absturz bei der Bundestagswahl auf 38,8 Prozent unter Druck. Mehrere CSU-Bezirksvorstände forderten bereits, jeweils mit großer Mehrheit, einen „geordneten“ personellen Übergang. Das waren allerdings interne Sitzungen. Die JU-Landesversammlung ist das erste große Gremium, das sich öffentlich gegen Seehofer stellt.

Offiziell, unter anderem vom CSU-Vorstand, war die Personaldebatte angesichts der laufenden Jamaika-Gespräche in Berlin vertagt worden. Das entscheidende Datum ist spätestens der Parteitag im Dezember.

Seehofer will auch bei diesem Zeitplan bleiben. „Wir haben in der Führung der CSU unter Beteiligung des JU-Vorsitzenden entschieden, dass wir während dieser Sondierungsgespräche keine Personaldebatten führen. Ich halte mich daran“, sagte Seehofer am Samstag nach neuen unionsinternen Jamaika-Beratungen in Berlin. Er habe seit der Bundestagswahl dazu nichts gesagt, „obwohl beinahe täglich gegen mich Stellungnahmen abgegeben wurden“, sagte er und betonte: „Wenn die Sondierungen abgeschlossen sind, werde ich mich dazu äußern.“

Seehofer hätte eigentlich am Samstag bei der Jungen Union in Erlangen sprechen sollen - er hatte aber am Freitag kurzfristig abgesagt, ebenso wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Seehofer entschuldigte dies am Samstag mit den Jamaika-Gesprächen. „Wissen Sie, ich bin hier in historisch bedeutsamen Verhandlungen“, sagte er. „Da darf kein Fehler passieren. Da muss man sich sehr vorbereiten.“

Auf die Frage, ob er nicht am Sonntag zum CSU-Nachwuchs nach Erlangen hätte fahren können, sagte er: „Am Sonntagvormittag haben Sie ja einen Redner, den ich nicht verdrängen möchte - Sie kennen den Namen.“ Am Sonntag wird Bayerns Finanzminister Markus Söder in Erlangen erwartet, der als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Seehofers gilt, mindestens für das Ministerpräsidentenamt. Der JU-Vorsitzende Hans Reichhart hatte Seehofers Absage am Freitag deutlich kritisiert: Es sei „schon ein unüblicher Vorgang, dass der Parteivorsitzende der Diskussion mit der JU-Basis ausweicht“.

CSU-Vize Manfred Weber ermahnte die gesamte CSU und den Parteinachwuchs in Erlangen zu „Mannschaftsgeist“ und einem anständigen Umgang in der anstehenden Personaldebatte. „Ja, die CSU braucht über kurz oder lang Erneuerung“, sagte Weber. Aber die „Form der Auseinandersetzung“ sei genauso wichtig. „Die Art, wie wir miteinander umgehen, den Mannschaftsgeist hochzuhalten, ist eine der Kernfragen für die CSU.“ Die CSU müsse „Mannschaft sein“, betonte er.

Weber rief dazu auf, die Personaldebatte angesichts der Jamaika-Gespräche zurückzustellen. Die „Glaubwürdigkeitsfrage“ der CSU werde in diesen Gesprächen entschieden. Und egal wer 2018 Spitzenkandidat für die Landtagswahl sei, egal mit welcher Aufstellung die CSU antrete - wenn es jetzt nicht gelinge, zentrale Wahlversprechen in Berlin durchzusetzen, dann werde die CSU einen äußerst schwierigen Wahlkampf vor sich haben, warnte Weber.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann rief die CSU zu Geschlossenheit auf. „Wir brauchen weniger Ich - das gilt für alle“, mahnte Herrmann, „sondern wir brauchen mehr Wir in unserer Partei“.

Weber, der EVP-Fraktionschef im Europaparlament ist, wurde von mehreren Delegierten aufgerufen, eines der Spitzenämter - Parteichef oder Ministerpräsident - zu übernehmen. Weber bedankte sich „für die Blumen“, ging aber nicht näher darauf ein, sondern betonte erneut, was ihm wichtig sei in seiner Partei: eben „Mannschaftsgeist“.