Karlsruhe verhandelt am 10. Juli über Euro-Klagen
Berlin (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht verhandelt bereits am 10. Juli über die Eilanträge gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt. Das teilte das Gericht am Montag in Karlsruhe mit.
Kläger sind unter anderem die Linke-Bundestagsfraktion sowie der Verein „Mehr Demokratie“, dessen Verfassungsbeschwerde sich mehr als 12 000 Bürger angeschlossen haben. Mit den Eilanträgen soll Bundespräsident Joachim Gauck untersagt werden, die Gesetze in Kraft zu setzen. Dadurch sind die Rettungsinstrumente vorerst blockiert.
Die Freien Wähler wollen ebenfalls den ESM wegen unkalkulierbarer Milliardenrisiken vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall bringen - und mit dem Kampf gegen eine Schuldenunion 2013 in den Bundestag einziehen. „Wir Freien Wähler sagen eindeutig, dieser ESM ist ein Putsch gegen das Grundgesetz“, sagte der Vorsitzende Hubert Aiwanger am Montag in Berlin. Die Freien Wähler schließen sich der Klage des Staatsrechtlers Karl Albrecht Schachtschneider an. Das Prinzip, jeder hafte für seine Schulden, werde außer Kraft gesetzt, meinte Aiwanger.
Deutschland haftet beim ESM mit 190 Milliarden. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rechnet nicht damit, dass Karlsruhe das Rettungspaket stoppt. „Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit bei einzelnen Gesetzen Leitplanken eingezogen, die Hilfsmaßnahmen grundsätzlich aber nicht beanstandet“, sagte die Ministerin der „Passauer Neuen Presse“. Zudem habe der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt.
Wegen der Klagen konnte der ESM nicht wie geplant zum 1. Juli starten. Mit einer Entscheidung über die Eilanträge wird noch im Juli gerechnet - beim EU-Gipfel war vergangene Woche beschlossen worden, über den ESM auch marode Banken mit Geld zu versorgen. Zudem sollen Auflagen für verschuldete Staaten gelockert werden, die den ESM anzapfen müssen. Die Details müssen noch ausgehandelt werden.
In mehreren Euro-Ländern und auch bei Unions- und FDP-Politikern gibt es Unmut darüber. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war ursprünglich gegen solche Aufweichungen. Bei Gipfeltreffen sei eine gewisse Flexibilität notwendig, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Man sei auf einige Partner zugegangen, die hohe Zinsen auf den Finanzmärkten zahlen müssten. Die Grundprinzipien der deutschen Politik seien aber bestätigt worden: Keine Hilfen ohne Auflagen.
Die Freien Wähler sehen in den Hilfen ein Fass ohne Boden. „Wir kämpfen für ein Europa der Bürger und Regionen und nicht für ein Europa der Großbanken und Zentralisten“, sagte Aiwanger mit Blick auf den Gipfel-Beschluss, nun auch kriselnden Banken direkt über den ESM zu helfen. Einzige Kraft der politischen Mitte, die einen anderen Kurs vertrete, seien die Freien Wähler. „Wir treten bei der Bundestagswahl 2013 an und streben an, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen.“ Zentraler Fehler sei, das Volk nicht zum ESM und zum Fiskalpakt für mehr Sparzwang zu befragen. „Im Moment haben wir eine eindeutige Mehrheit im Volk gegen ESM und Fiskalpakt.“
Schachtschneider betonte: „Wir haben schon in unserer Euro-Klage 1998 vor genau diesem Szenario gewarnt.“ Der Euro werde durch die unkalkulierbaren Rettungsversuche zum Unglück nicht nur für Deutschland, sondern vor allem auch für die südeuropäischen Länder. Griechenland sei auf dem Weg zum gescheiterten Staat. Was jetzt geschaffen werde, sei ein Konstrukt ohne Legitimation durch das Volk. Der ESM ebne den Weg in die Schuldenunion. Der Rettungsschirm sei ein Instrument zur „Staatsfinanzierungspolitik im großen Stil“.
In der koalitionsinternen Debatte, ob und wann notfalls gemeinschaftliche Anleihen („Eurobonds“) eingeführt werden müssen, um andere Staaten aus dem Schuldenschlamassel zu helfen, will die FDP einen Schlussstrich ziehen. Generalsekretär Patrick Döring sprach am Montag nach einer Telefonkonferenz des FDP-Präsidiums von einer „schädlichen Debatte“, die schnell beendet werden müsse. Aus der gegenwärtigen Vertrauenskrise komme man nicht heraus, „wenn jetzt jede Woche ein neuer Vorschlag gemacht wird“.