Kirchentags-Resolution für Atomausstieg 2017
Dresden (dpa) - Für einen schnellen Atomausstieg bis 2017 und eine konsequente Energiewende haben sich Christen beim Evangelischen Kirchentag in Dresden ausgesprochen. Die etwa 1000 Teilnehmer eines Forums verabschiedeten am Freitag mit großer Mehrheit eine entsprechende Resolution.
Darin fordern sie, die acht derzeit stillstehenden AKW endgültig vom Netz zu nehmen. Bis 2017 - und damit rund fünf Jahre früher als von der Bundesregierung geplant - sollten dann die übrigen neun folgen.
In der Resolution „Energie für das Leben“, werden die Übertragung von Restlaufzeiten stillgelegter Meiler und der Stand-By-Betrieb eines abgeschalteten Kraftwerks als Reserve zur Sicherung der Stromversorgung abgelehnt. Zu den Forderungen, die nicht die Meinung aller 120 000 Kirchentagsbesucher wiedergeben, gehören zudem die zügige Erkundung von Endlagern, der Verzicht auf neue Kohlekraftwerke und der rasche Ausbau erneuerbarer Energien. Wettbewerbsnachteile für energieintensive Unternehmen und Härten für sozial schwächere Menschen müssten verhindert werden.
„Der Kirchentag hat eine klare Botschaft an die Bundesregierung: schnellstmöglicher Ausstieg ohne Hintertürchen“, sagte der Umweltbeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Pfarrer Klaus Breyer. „Die Energieversorgung ist ein gesellschaftliches Zukunftsprojekt, und die Bereitschaft ist groß, daran mitzuwirken.“
Der Bischof der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gerhard Ulrich, geißelte die Atomkraft als „Technik, die in der Lage ist, die Schöpfung zu gefährden und zu zerstören“. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unterstrich bei dem Forum die Bereitschaft seiner Partei, den von Schwarz-Gelb bis 2021/2022 angepeilten Atomausstieg zu unterstützen.
Kirchentage fassen im Unterschied etwa zu Parteitagen keine formalen Beschlüsse, weil das schon aufgrund der großen Teilnehmerzahl unmöglich ist. Wichtige politische Anliegen werden allerdings in Form von Resolutionen verbreitet.
Weiterer Schwerpunkt auf dem größten protestantischen Laientreffen war am Freitag die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs auch in den Kirchen, den Experten noch lange nicht für erledigt halten. Der Andrang von rund 1200 Zuhörern bei einer Diskussion machte deutlich, wie groß das Interesse an dem Thema ist. Die Beauftragte der Bundesregierung für Missbrauchsopfer, Christine Bergmann, forderte mehr Therapiemöglichkeiten für Opfer und eine Verankerung des Themas in der Ausbildung von Medizinern und Psychologen.
Binnen eines Jahres hatten sich rund 15 000 Betroffene per Telefon oder brieflich bei Bergmanns Anlaufstelle gemeldet. Allein am Tag nach der Veröffentlichung ihres Berichtes hätten 850 Menschen angerufen, berichtete Bergmann. Ihr Team habe geleistet, was möglich war. „Das reicht aber nicht“, sagte die SPD-Politikerin und frühere Bundesfamilienministerin. Sie geht davon aus, dass es nach der geplanten Schließung des Büros im Oktober eine Anschlussregelung geben muss. Es gehe darum, die vorgelegten Empfehlungen umzusetzen und dies auch zu kontrollieren.
Nach einer Stunde mit Statements von Experten kam das Publikum an die Reihe. Fragen der Zuhörer auf Zetteln waren zuvor von Helfern eingesammelt worden. Viele outeten sich dabei anonym als Opfer sexueller Gewalt.
Die Bibelarbeiten haben beim Kirchentag besondere Anziehungskraft. Bisher wurden fast 26 400 Zuhörer gezählt, teilten die Organisatoren am Freitag mit. Der am Mittwoch eröffnete Kirchentag dauert noch bis Sonntag. An diesem Samstag wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Dresden erwartet.