Koalition vor Einigung auf Steuervereinfachung
Berlin (dpa) - Im Koalitionsstreit über Steuervereinfachungen soll es rasch eine Einigung geben. Die Regelungen könnten formell rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten, die Bürger hätten das Geld aber erst 2012 in der Tasche.
Der Haushalt 2011 würde so kaum belastet.
Die schwarz-gelbe Koalition steht kurz vor einer Einigung im monatelangen Streit über Steuervereinfachungen. Kanzlerin Angela Merkel sagte am Rande der CDU-Vorstandsklausur in Mainz, sie gehe davon aus, dass bei einem Gespräch der Finanzexperten der Fraktionen mit dem Bundesfinanzministerium in dieser Woche „eine tragfähige Lösung gefunden wird“. Nach dpa-Informationen könnte das Treffen bereits an diesem Montag stattfinden. Auch die FDP signalisierte Zustimmung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnte selbst eine kleine Steuersenkung noch 2011 erneut ab.
CDU-Chefin Merkel sagte auf die Frage, ob die Arbeitnehmer mit Entlastungen für 2011 rechnen können: „Wenn es technisch machbar ist. Wenn es technisch nicht machbar und vom Aufwand nicht vertretbar ist, dann nicht.“ Sie zeigte sich aber sicher: „Da wird ein gutes Paket herauskommen.“ Merkel fügte hinzu: „Alle in der Koalition sind sich doch einig, dass die Haushaltskonsolidierung absoluten Vorrang hat.“
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle betonte, im laufenden Jahr konzentriere sich die Koalition auf Steuervereinfachungen, die man „soweit es technisch möglich ist, für 2011 wirksam werden lassen“ wolle. „Wenn durch die Verstetigung des Aufschwungs und durch die Konsolidierungspolitik der Regierung Spielräume entstehen, dann wird es in dieser Legislaturperiode weitere Steuerentlastungen zuerst für die Mittelschicht geben“, sagte er dem „Tagesspiegel am Sonntag“.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erwartet beim Thema Steuervereinfachung ebenfalls einen Kompromiss in dieser Woche. „Alle Dinge, die technisch machbar sind, ohne dass eine zusätzliche Haushaltsbelastung in 2011 entsteht, die können auch rückwirkend gemacht werden“ sagte er in Mainz. Die Anhebung der Werbungskostenpauschale werde aber nur über die 2012 abzugebende Einkommensteuererklärung für 2011 möglich sein, so dass 2011 keine Haushaltsbelastung entstehe. „Da glaube ich, werden wir in den nächsten Tagen eine Entscheidung herbeiführen.“
Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing sagte der Nachrichtenagentur dpa in Berlin: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine Einigung gibt.“ Das Thema werde voraussichtlich auch im am Donnerstag tagenden Koalitionsausschuss eine Rolle spielen. Der „Berliner Zeitung“ sagte er zu dem Kompromissplan, die Entlastungsmaßnahmen rückwirkend zum 1. Januar in Kraft zu setzen, aber erst mit der Steuererklärung 2011 im kommenden Jahr wirksam werden zu lassen: „Die FDP wäre mit dieser Lösung einverstanden.“ Sie habe den Vorteil, dass das 585-Millionen-Euro-Paket wie von Finanzminister Schäuble verlangt den Bundeshaushalt erst 2012 belastet.
Die FDP und auch Kauder hatten Schäuble kritisiert, der die neue Einkommenssteuerregel nicht rückwirkend für 2011 gelten lassen wollte, um den Haushalt nicht zusätzlich zu belasten. Kauder sagte nun: „Da ist etwas in der Öffentlichkeit nicht richtig angekommen. Es ist völlig klar, dass wir das Paket der Vereinfachung auf den Weg bringen wollen.“ Die Unionsfraktion unterstütze Schäuble darin, dass keine zusätzlichen Mittel in Anspruch genommen werden müssen.
Schäuble lehnte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“) eine kleine Steuersenkung im laufenden Jahr ab. „Ich halte ohnehin nichts davon, bei den Menschen zu hohe Erwartungen zu schüren, die man nicht einlösen kann hinterher. Es hat wenig Sinn, den Menschen zu suggerieren, es sei etwas Großes unterwegs und nachher merken sie davon nichts.“ Er betonte: „Die Priorität dieser Regierung ist die Rückführung des Defizits, also die Einhaltung der Schuldenbremse.“ Diesen Weg werde man weitergehen „und in dem Maße, in dem wir Spielräume erschließen, werden wir sie natürlich nutzen“.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält Steuersenkungen in den kommenden beiden Jahren für unrealistisch. „2011 geht es nicht. Und ich glaube, dass es auch 2012 noch nicht geht“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstag).