Koalitionsspitzen kippen Internetsperren
Berlin (dpa) - Die umstrittenen Sperren für Kinderpornos im Internet sind endgültig vom Tisch. Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition in Berlin beschlossen am Dienstag, das Sperrgesetz der Vorgängerregierung zu kippen und kinderpornografische Inhalte im Internet künftig ausschließlich zu löschen.
Zugleich verständigten sich die Partei- und Fraktionschefs auf die Einrichtung einer Visa-Warndatei, um Visa-Missbrauch stärker zu bekämpfen. Eine Einigung gab es auch bei der Neuausrichtung der Förderprogramme für Arbeitslose.
Das Gesetz der schwarz-roten Vorgängerregierung sah vor, kinderpornografische Seiten im Netz zu sperren. Vor allem Internet-Nutzer liefen Sturm gegen das Vorhaben. Union und FDP vereinbarten bereits im Herbst 2009 in ihrem Koalitionsvertrag, die Sperren zunächst nicht anzuwenden und ein Jahr lang das Löschen zu testen, um dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Nun soll das Gesetz endgültig aufgehoben werden.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte das Ende für die Sperren. Es gebe Erfolge beim Löschen - der nun eingeschlagene Weg der Koalition sei daher richtig. „Nach aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamtes sind nach zwei Wochen 93 Prozent der kinderpornografischen Inhalte gelöscht, nach vier Wochen sind es sogar 99 Prozent“, sagte sie.
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, in die vereinbarte Visa-Warndatei sollen alle aufgenommen werde, die wegen visa- relevanter Straftaten wie Menschenhandel und Schleuserkriminalität verurteilt wurden. Es werde keinen Zugriff der Sicherheitsbehörden auf die Datei geben. Die Pläne zur Einrichtung einer Visa-Warndatei gehen noch auf den Untersuchungsausschuss des Bundestags zurück, der 2005 wegen Visa-Missbrauchs in der Ukraine ermittelte.
Friedrich sagte, Justiz- und Innenministerium sowie die Fraktionen von Union und FDP wollten in der kommenden Woche mit Gesprächen über die mögliche Verlängerung von Anti-Terrorgesetzen beginnen. Es geht um Gesetze, die im Zuge der Terroranschläge vom 11. September 2001 erlassen wurden und die eigentlich Anfang 2012 auslaufen. Bis Mai wolle man einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen, sagte Friedrich.
Die Spitzen von Union und FDP einigten sich am Dienstag zudem darauf, dass die Förderprogramme für Arbeitslose effizienter gemacht werden sollen. Die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumente wird von derzeit 42 auf 31 verringert, wie die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagabend aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Es sei in sachlicher, guter Atmosphäre verhandelt worden.
Ziel des Vorhabens ist es, durch eine wirkungsvollere und zielgenauere Förderung Arbeitslose schneller wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Quasi im Nebeneffekt will die Regierung damit auch noch Geld sparen. Die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist für das kommende Jahr geplant.
Vorgesehen ist unter anderem, den Zuschuss für arbeitslose Existenzgründer von einer Pflicht- in eine Ermessensleistung umzuwandeln und die Anspruchsvoraussetzungen schärfer zu fassen. Ganz gestrichen werden sollen die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie der ohnehin befristete Ausbildungsbonus für Altbewerber und Lehrlinge aus Insolvenzbetrieben.