Koalitionsverhandlungen: Die Wirtschaft in der Skepsis vereint

Verbände sehen schwarz-rote Verhandlungen mit Sorge.

Berlin. In den Verbandszentralen der Wirtschaft geht die Angst um. Vor einem einheitlichen Mindestlohn, höheren Steuern und Sozialabgaben, vor Wohltaten und geringer Reformbereitschaft. Kurzum: vor der großen Koalition aus Union und SPD.

Auch der Wirtschaftsflügel der Union, bestehend aus dem Parlamentskreis Mittelstand, dem Wirtschaftsrat und der Mittelstandsvereinigung, schlägt Alarm, was Angela Merkel gar nicht passen dürfte: Die Kanzlerin will möglichst zügig und einträchtig Koalitionsverhandlungen führen, damit sie noch vor Weihnachten wiedergewählt werden kann.

Der Wirtschaftsflügel hat gemeinsam ein Positionspapier für die Koalitionsverhandlungen erarbeitet. Mit vereinten Kräften geht es darin gegen „wirtschaftsschädliche Vorhaben“ der SPD. Das Problem des Wirtschaftsflügels ist: Ihm gehören zwar 170 der 311 Abgeordneten an, doch seine Bedeutung und sein Einfluss in der Union sind unter Merkel rapide gesunken.

Die Störfeuer aus der Wirtschaft werden derweil heftiger. Anfang des Monats ließ Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt noch wissen: „Mit Blick auf die wirklich großen Herausforderungen bin ich überzeugt, dass eine große Koalition Sinn macht.“ Mittlerweile ist die Skepsis der Wirtschaftsverbände deutlich angewachsen

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, warnte davor, „in eine German Mittelmäßigkeit“ abzurutschen, der Wohlstand werde „nicht mit teuren sozialpolitischen Wahlgeschenken gesichert“. Das Handwerk meutert gegen den möglicherweise anhaltenden Stillstand beim Abbau der Kalten Progression, die zutiefst wettbewerbsfeindlich sei. Zu vieles hängt für die Wirtschaftsverbände noch in der Schwebe. Ihnen schwant, dass die Sozialpolitiker die Oberhand über die Ordnungspolitiker behalten könnten.

Derweil wies SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern Berichte zurück, Union und SPD hätten sich darauf verständigt, bis August 2015 mit einer Stufenregelung einen bundesweit geltenden einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einzuführen.