Kommunen machen Druck für Wohnsitzauflage

Berlin (dpa) - Der Deutsche Städtetag hat das Vorhaben der großen Koalition begrüßt, Flüchtlingen eine Zeit lang den Wohnsitz vorzuschreiben.

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„Es ist nicht gut, wenn sich fast alle anerkannten Flüchtlinge und Asylbewerber in wenigen Städten und Ballungsräumen konzentrieren, denn dann wird die Integration dort schwieriger“, sagte Städtetag-Präsidentin Eva Lohse der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Sie sieht eine Möglichkeit darin, die ersten Integrationsleistungen daran zu binden, dass Flüchtlinge einen bestimmten Wohnsitz nehmen. Dies könne gelten, solange Flüchtlinge noch keinen Arbeitsplatz hätten und ihren Lebensunterhalt noch nicht aus eigener Kraft bestreiten könnten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte sich für eine Wohnsitz-Auflage ausgesprochen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel plädierte dafür, dies zu prüfen.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) warnte anderenfalls vor „französischen Verhältnissen“ mit Vorstädten, in denen Migranten ausgegrenzt und ohne Perspektive leben. Das führe zu Radikalisierung, Gewaltakten und rechtsfreien Räumen, sagte er der selben Zeitung.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte der „Welt“ (Dienstag), gerade Großstädte und Ballungszentren seien bereits in besonderem Maße bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen gefordert, „während manche ländliche Gebiete Zuzug und Integration gut bewältigen“.

Der Staatsrechtler und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) sieht rechtlich keine Probleme: „Erstens handelt es sich bei den Flüchtlingen nicht um deutsche Staatsangehörige, zweitens ist die Wohnversorgung der Flüchtlinge eine rein sozialstaatliche Leistung“, erklärte er im selben Blatt.

Die Linke äußerte sich dagegen ablehnend. Parteichef Bernd Riexinger schrieb im Internet-Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Um Überbietungswettbewerb mit #CDU zu bestehen fällt #Gabriel eigener Partei in den Rücken: #Wohnsitzauflage eines Getriebenen.“

In den Verhandlungen über das geplante Asylpaket II kommt die große Koalition nach einem Zeitungsbericht voran. Dabei geht es unter anderem um eine Beschleunigung der Asylverfahren. Entscheidende Streitpunkte seien ausgeräumt, berichtet die „Passauer Neue Presse“ (Dienstag) unter Berufung auf Koalitionskreise. Zuletzt seien noch drei Punkte offen gewesen, bei denen jedoch bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch kommender Woche (20.1.) eine Einigung erzielt werden solle. Dabei gehe es unter anderem um Details beim Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter - also von Flüchtlingen, die nicht als solche anerkannt sind, aber auch nicht abgeschoben werden können.