Konservative in der Union verlangen Kurswechsel von Merkel
Berlin (dpa) - Der konservative „Berliner Kreis“ in der Union hat von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dringend einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik und beim Umgang mit der AfD verlangt.
Der „Markenkern“ der CDU sei in den vergangenen Jahren „sträflich vernachlässigt“ worden, kritisierten die 17 Unterzeichner eines sechs Seiten langen Manifests. Der „Linksdrift“ und die „so genannte „Modernisierung“ der CDU schaffe „rechts von ihr dauerhaft Platz für eine neue Partei“, kritisieren die konservativen CDU- und CSU-Politiker angesichts der jüngsten Wahlschlappen.
Die CDU-Zentrale wollte sich nach Angaben eines Sprechers nicht zu der Erklärung äußern. Unionsfraktionschef Volker Kauder verlangte ein Ende der Richtungsdebatten. „Wir müssen den Streit endlich überwinden“, sagt der CDU-Politiker der „Schwäbischen Zeitung“ (Donnerstag). „Menschen müssen der politischen Führung vertrauen, das schaffen wir nicht mir Streit.“ Kauder reagierte damit auch auf die Drohung von CSU-Chef Horst Seehofer, einen von der CDU unabhängigen Bundestagswahlkampf 2017 zu führen, sollte Merkel an ihrer Strategie im Umgang mit der AfD festhalten.
Über Kurskorrekturen müsse intensiv mit der Parteibasis diskutiert werden, bevor endgültige Beschlüsse gefasst würden, fordern die Kritiker des „Berliner Kreises“. Wenn Union und SPD im Trend künftig „nicht einmal gemeinsam über eine Mehrheit verfügen, gefährdet dies die Stabilität unserer Demokratie“, warnen sie. In der Flüchtlingspolitik wird ein „weithin hörbares Signal“ verlangt, „dass auch die Kräfte Deutschlands bei der Aufnahme von Flüchtlingen begrenzt sind“. Die Union müsse „dafür sorgen, dass sich die Menschen im eigenen Land nicht fremd fühlen“.
Unterschrieben ist die Erklärung unter anderem von den Innenexperten Wolfgang Bosbach (CDU) und Hans-Peter Uhl (CSU), dem Vorsitzenden des Unions-Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, der Menschenrechtssprecherin der Unionsfraktion, Erika Steinbach (beide CDU), sowie dem früheren hessischen CDU-Fraktionschef Christean Wagner.
Die Ursachen für die „katastrophalen Wahlergebnisse“ bei den Landtagswahlen Mitte März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sehen die Unterzeichner nicht nur in der Flüchtlingspolitik Merkels. Es gebe auch die „Tatsache, dass die CDU mit ihrem gesellschaftspolitischen Kurs Platz geschaffen hat für eine Partei rechts von ihr“. Konsequenzen aus dieser Entwicklung „oder gar die Frage einer Kurskorrektur“ würden in der Spitze der CDU nicht ausreichend diskutiert. Die Bundesregierung verliere in der EU „durch ihren Sonderweg in der Flüchtlingskrise erkennbar an Einfluss“, sie „läuft Gefahr, sich zu isolieren“.
Seehofer bemüht sich inzwischen, die Debatte über einen eigenen Bundestagswahlkampf zu entschärfen. Die CSU strebe einen Wahlkampf 2017 „prioritär gemeinsam mit der CDU und Kanzlerin Angela Merkel“ an, sagte er nach der Koalitionsrunde vom Vorabend in Berlin. „Das andere wäre eine absolute Notsituation, die ich nicht anstrebe.“