„Kritik an Schavan kommt verfrüht“
Wuppertaler Professor unterstützt die Bildungsministerin.
Berlin/Düsseldorf. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) erhält breiten Rückhalt: Wissenschaftler kritisieren das Vorgehen der Universität Düsseldorf, ihr Doktorvater hat keinen Zweifel an ihrer Eigenleistung. In dem am Wochenende bekanntgewordenen Gutachten hatte der Judaistik-Professor Stefan Rohrbacher der Ministerin eine Täuschungsabsicht bei ihrer Doktorarbeit unterstellt.
Schavans damaliger Doktorvater Gerhard Wehle betont dagegen: „Sie ist eine absolut integre Person.“ Die Arbeit sei stimmig. Er hätte der Fakultät die Arbeit nicht zur Annahme empfohlen, wenn geringste Zweifel bestanden hätten.
Spitzenvertreter der Wissenschaft kritisierten derweil das Gutachten und das Verfahren. Der Präsident der Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz, sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Es gab schwere Fehler in dem Verfahren. Die Universität sollte nun eine zweite Person bitten, die Vorwürfe sachlich zu prüfen.“
Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, zeigte sich irritiert wegen des Vertrauensbruchs. Jürgen Mlynek, Chef der Helmholtz-Gemeinschaft, äußerte sich verwundert, „dass die Arbeit offenbar nur von einem Hochschullehrer geprüft wurde“.
Professor Martin Ohst, Vorsitzender des Promotionsausschusses der Bergischen Universität Wuppertal, sieht das teilweise anders: „Es ist völlig normal, dass zunächst lediglich ein Gutachter beauftragt wird.“
Das Gremium könne gegebenenfalls einen zweiten Prüfer bestimmen, wenn das erste Gutachten nicht überzeugt oder Lücken aufweist. „Aber soweit ist das Verfahren ja überhaupt noch nicht“, sagt der Experte. Die 15 Ausschuss-Mitglieder hatten die Unterlagen gerade erst zur Vorbereitung erhalten. „Die gesamte Kritik kommt verfrüht.“
Er habe sich die im Internet veröffentlichten Auszüge des Gutachtens aus Prinzip nicht durchgelesen. Aber: „Es ist in jedem Fall ein Unterschied, ob jemand fremde Argumentationen bewusst stiehlt oder, ob jemand spät abends einfach müde ist und schlampig arbeitet.“
Letzteres sei bei Schavan eher der Fall. Aus diesem Grund sei bei einer Prüfung „Fingerspitzengefühl“ gefragt. Man könne nicht einfach einen Textabgleich von einem Computer durchführen lassen.
Während Unionsfraktionschef Volker Kauder sogar ein neues Prüfungsverfahren mit neuem Gutachten fordert, hat das NRW-Wissenschaftsministerium als Rechtsaufsichtsbehörde bisher keine Bedenken geäußert. „Die Universität ist Herrin des Verfahrens“, sagte eine Sprecherin. Schavan äußerte sich nicht. Sie reiste am Dienstag dienstlich nach Israel.