Kultusminister: Abitur höherwertig als Lehre
Berlin (dpa) - Das deutsche Abitur soll nach einem einstimmigen Beschluss der Kultusminister höher bewertet werden als die meisten Berufsabschlüsse.
In einer achtstufigen Abschlussskala sollen die Allgemeine wie die Fachgebundene Hochschulreife künftig auf Stufe fünf rangieren, dreijährige Lehrabschlüsse dagegen nur auf Stufe vier, zweijährige Ausbildungen auf Stufe drei. Nur „anspruchsvolle“ Berufsabschlüsse - gedacht ist dabei unter anderem an Gesundheitsberufe - sollen auf Stufe fünf dem Abitur gleichgestellt werden.
Mit diesem Votum der Kultusministerkonferenz (KMK) vom Freitag widersetzen sich die Länder geschlossen den Forderungen von Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften, Abitur und Lehre gleichwertig auf Stufe vier einzuordnen. Hintergrund ist die Absicht der EU, künftig allen jungen Menschen einen Europäischen Bildungspass auszustellen. Er soll berufliche Mobilität in Europa erleichtern und gegenüber den Arbeitgebern den jeweils erreichten Bildungsstand mit Hilfe der Stufenskala dokumentieren.
Unstrittig ist die Stufe zwei für den Hauptschulabschluss. Bachelor und Meisterbrief sollen gleichwertig auf Stufe sechs stehen. Der Masterabschluss oder das klassische Hochschuldiplom kommen auf Stufe sieben, die Promotion auf Stufe acht.
KMK-Präsident Bernd Althusmann (CDU/Niedersachsen) sagte, die Länder bestünden nach wie vor „auf der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung“. Mit der Einordnung sollten die „Besonderheiten des deutschen Bildungssystems“ berücksichtigt werden. Die Kultusminister wollen die Tarifpartner zu ihrer nächsten Konferenz im Dezember einladen, um ihnen im Gespräch ihren Standpunkt zu erläutern.
Teilnehmer der Sitzung wiesen auf die besondere Bedeutung des deutschen Abiturs hin, mit dem gleichzeitig eine uneingeschränkte Studienberechtigung vergeben wird. In vielen Ländern der EU sind dagegen gesonderte Hochschuleingangsprüfungen vor dem Studium üblich.
Die achtstufige Skala soll einen „Deutschen Qualifikationsrahmen“ (DQR) bilden, der dann in einen „Europäischen Qualifikationsrahmen“ (EQR) übergeht. Mittlerweile haben neun Staaten in der EU eigene Qualifikationsrahmen in Kraft gesetzt.
Bisher haben die meisten Staaten Abitur oder ähnliche Schulprüfungen mit den Berufsbildungsabschlüssen auf Stufe vier gleichgestellt. Die Niederlande hat das Abitur auf Stufe fünf platziert, die Fachhochschulreife auf Stufe vier. Österreich und die Schweiz warten auf eine abschließende deutsche Regelung, tendierten aber in ähnliche Richtung wie die Kultusministerkonferenz.
Der „Deutsche Qualifikationsrahmen“ soll bereits 2012 gültig sein. Dann soll auf jedem Zeugnis oder Berufsbildungsabschluss auch die jeweilige Stufe ausgewiesen werden.