Interview Linksfraktionschef Bartsch: SPD soll Mitte-Links-Kurs beweisen

SPD-Chef Sigmar Gabriel plädiert für ein Mitte-Links-Bündnis, um sich stärker von der Union abzugrenzen. Für den Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, zählen dabei jedoch Taten statt Worte.

Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch steht einem Mitte-Links-Bündnis positiv gegenüber.

Foto: dpa

Berlin. F: Herr Bartsch, schon seit einiger Zeit sucht der SPD-Chef seine Partei nach links zu rücken. Nimmt die rot-rot-grüne Regierungsoption damit langsam Gestalt an?

A:
Nein. Ich begrüße, dass Sigmar Gabriel angesichts der Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa stehen, die Debatte um ein Mitte-Links-Bündnis befördert. Aber jetzt über Regierungsbildungen zu reden, ist doch sehr verfrüht.

F: Ihr Parteichef, Bernd Riexinger, redet schon von einem Lagerwahlkampf mit der SPD gegen die Konservativen im nächsten Jahr. Liegt er das falsch?

A:
Es geht um eine starke Linke und darum, politische Alternativen deutlich sichtbar zu machen, nicht um Lagerwahlkampf. Erst nach Wahlentscheidungen lotet man mögliche Regierungsbündnisse aus. Natürlich reden wir miteinander. Mit der SPD gibt es solche Gespräche, auch auf höchster Ebene. Das ist wirklich nichts Neues.

F: Aber nach Lage der Dinge könnte die Linke eine andere Politik nur gemeinsam mit SPD und Grünen herbeiführen.

A:
Wer ständig über Konstellationen redet, macht einen Fehler. Ja, wir wollen Mitte-Links-Bündnisse. Aber nicht wegen solcher Bündnisse, sondern für mehr soziale Gerechtigkeit, für eine große Rentenreform, die lebensstandardsichernde, armutsfeste Renten bringt, und um die skandalöse Kindearmut zu bekämpfen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

F: Was sind für die Linken die roten Linien bei einer Regierungsbeteiligung?

A:
Die Menschen müssten spüren, dass es ein Mitte-Links-Bündnis gibt, dass es ihnen besser geht. Deshalb brauchen wir eine große Steuerreform, die die ungleiche Vermögensentwicklung umkehrt. Dazu gehört dann auch das Thema Hartz IV.

F: Außenpolitisch kommt die SPD der Linken offenbar entgegen. Außenminister Steinmeier hat jetzt vor einem Säbelrasseln gegen Russland gewarnt. Ihre Partei hat das schon immer gesagt.

A:
Die Äußerungen von Steinmeier sind richtig. Es ist im Interesse von Deutschland und Russland, wenn es friedliche und wirtschaftliche gedeihliche Beziehungen zwischen beiden Staaten gibt. Ich sehe aber auch, dass die SPD außenpolitisch in einer Gefangenschaft mit der CDU ist. Für die Sozialdemokraten wäre es sicher eine Befreiung, auch außenpolitisch Korrekturen vornehmen zu können. Hier muss man die SPD ebenfalls an Taten messen. Zuallererst gehören die Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die besonders der ostdeutschen Wirtschaft schaden, beendet.

F: Welche Bedeutung hätte ein gemeinsamer Präsidentschaftskandidat für ein mögliches Mitte-Links-Bündnis?

A:
Ich würde mir eine Persönlichkeit wünschen, die als gemeinsamer Kandidat von SPD, Linken und Grünen ins Rennen geht. Das wäre ein Signal.

F: Sie trauen Gabriel nicht so recht über den Weg, oder?

A:
Wie gesagt, die Taten zählen. Ich erinnere mich, dass die SPD vor der letzten Bundestagswahl einen Schein-Linksschwenk vorgenommen hatte, aber danach die vorhandene Option jenseits der Union nicht einmal geprüft hat. Bis zur nächsten Wahl bleibt reichlich Zeit, um seitens der SPD deutlich zu machen, dass es anders gehen kann.