Asylrecht Maghreb: Hoffen auf eine Einigung in letzter Sekunde

Hinter den Kulissen versucht Kanzleramtschef Peter Altmaier, die Bundesländer auf Linie zu bringen. Vieles hängt an den NRW-Grünen.

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Düsseldorf. Offiziell wird die rot-grüne Landesregierung sich erst kurz vor der Abstimmung am Freitag im Bundesrat festlegen. „Es ist bei uns völlig üblich, dass, wenn der Bund noch Gespräche führen will, wir uns die Entscheidung offenhalten“, sagte am Mittwoch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft — wohl wissend, dass die weiteren Beratungen der Länder mit Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) gar nicht so sehr entscheidend sind; vielmehr ist es der grüne Koalitionspartner im Land, der die nordrhein-westfälische Zustimmung zu der erneuten Verschärfung des Asylrechtes verhindern könnte. Geht es nach den Landesgrünen, wird es so kommen.

Kanzleramtschef Peter Altmaier versucht die Bundesländer beim Asylrecht auf eine Linie zu bringen.

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Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Partei, Monika Düker, hat das am Mittwoch zumindest angekündigt und die Folgen gleich mit aufgezeigt. Die Grünen lehnen die Umetikettierung der drei nordafrikanischen Länder als sicher ab — NRW wäre damit gezwungen, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Zumindest, wenn es nicht in letzter Sekunde doch noch zu einer Einigung käme.

Die ist nach derzeitigem Stand allerdings nicht zu erwarten. NRW-Innenminister Ralf Jäger sagte am Mittwoch: „Ich habe überhaupt kein Problem damit, Marokko oder Algerien als sicheres Herkunftsland zu bezeichnen.“ Durchaus mit dem Wissen, dass es darüber „Differenzen in unserer Koalition“ gebe. Es gehe für ihn aber gar nicht um die Frage, ob die Länder sicher seien oder nicht, sondern um die „Verfolgungssituation in Nordafrika“.

Insbesondere, wenn es etwa um die Situation von Homosexuellen in den Maghreb-Staaten gehe. „Es ist ja trotzdem in jedem Fall zu prüfen, ob der Asylantrag begründet ist oder nicht. Sichere Herkunftsländer bedeutet nur, dass es in der Rechtsfolge einen Unterschied gibt zu normalen Asylverfahren“, sagte Jäger. „Man kann Marokko und Algerien als sicheres Herkunftsland deklarieren, weil trotzdem garantiert ist, dass jeder Asylantrag individuell geprüft wird.“

Möglicherweise zeichnet sich in dieser Frage ein Kompromiss ab. Wie am Mittwoch aus Kreisen der grün-schwarzen Landesregierung von Baden-Württemberg zu hören war, soll es eine zusätzliche Vereinbarung geben. Demnach sollen besonders gefährdete Gruppen wie Homosexuelle, politische Akteure und Journalisten weiterhin Schutz erhalten. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) könnte deswegen nun doch im Bundesrat mit Ja stimmen. Auch das schwarz-grün regierte Hessen setzt auf einen Kompromiss. „Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass man zusammenkommen kann“, sagte am Mittwoch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).

Dennoch ist fraglich, ob ein solcher Kompromiss den Weg für eine Mehrheit frei machen könnte. Selbst wenn Baden-Württemberg und Hessen zustimmen, kommt es auf NRW an; das Land hat im Bundesrat mehr Stimmen — sechs — als kleinere Bundesländer, die wegen grüner Regierungsbeteiligung als Wackelkandidaten gelten. Bleiben die Grünen an Rhein und Ruhr bei ihrem Nein, muss das Land sich laut Koalitionsvertrag enthalten.