Massive Warnstreiks: 70 000 im Ausstand - Millionen betroffen
Düsseldorf (dpa) - Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst sind am Mittwoch massiv ausgeweitet worden und waren für Millionen Menschen zu spüren.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich in sechs Bundesländern insgesamt 70 000 Beschäftigte an dem 24-stündigen Ausstand, davon allein 55 000 in Nordrhein-Westfalen. Damit hätten sich viermal mehr Menschen im Streik befunden als an den Vortagen.
Der öffentliche Nahverkehr fiel in vielen Städten an Rhein und Ruhr fast vollständig aus. Auf den Straßen stauten sich die Autos zeitweise auf 150 Kilometern Länge. Die Taxibetriebe meldeten einen Ansturm. Auch in Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg legten Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Arbeit nieder.
An diesem Donnerstag soll in Bayern, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg gestreikt werden, sagte eine Sprecherin des Verdi-Bundesvorstands in Berlin. In Hannover soll die weltgrößte Computermesse CeBIT durch einen Streik bei Bussen und Bahnen getroffen werden.
Die bundesweite Warnstreik-Welle ist auf eine Woche angelegt und erreichte am Mittwoch ihren bisherigen Höhepunkt. Die Gewerkschaften fordern für die bundesweit zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen 6,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro im Monat.
Die Arbeitgeber kritisierten die massiven Warnstreiks als „Stimmungsmache auf dem Rücken der Bürger“. Die Gewerkschaften hätten bislang nur vier Stunden verhandelt. Verdi erklärte, mit der „heftigen Warnung„ solle ein schnelles Ergebnis erreicht werden. Die Tarifverhandlungen sollen am Montag und Dienstag fortgesetzt werden. Die Arbeitgeber haben bislang kein Angebot vorgelegt.
Kaum Busse, keine Bahnen, geschlossene Kitas, volle Mülltonnen: In Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Münster und zahlreichen anderen Städten blieben Busse und Bahnen in den Depots. In Wuppertal stellte die Schwebebahn das Schweben ein. Hochbetrieb herrschte an Taxiständen. „Alle Taxis sind vom Hof“, sagte Hans-Günther Kaufhold von „Taxi Düsseldorf“. Fahrgäste müssten bis zu eine Stunde auf einen Wagen warten.
„Köln ist für 24 Stunden zu, da geht keine Straßen- und keine U-Bahn raus“, hieß es. Auch in der Landeshauptstadt Düsseldorf fuhr keine Straßen- und keine U-Bahn. Die Streikenden hatten die Depots blockiert. Vielerorts machten sich Berufspendler zu Fuß oder mit Fahrrädern auf den Weg zu den Bahnhöfen. Der Zugverkehr war nicht vom Streik betroffen. S-Bahnen und Regionalzüge fuhren nach Fahrplan.
In Köln wurde nach Angaben der Stadt in 155 der 225 städtischen Kitas gestreikt. Nur 21 Kitas arbeiteten regulär. Im Sauerland konnten die Müllwagen nicht entleert werden, weil die Deponien von Streikenden blockiert waren.
Die Erwartungen der Gewerkschaft seien auch bei den zahlreichen Kundgebungen in verschiedenen Städten „mehr als erfüllt“: In NRW hätten sich gut 33 000 Menschen an den Kundgebungen beteiligt, davon 12 000 auf dem Dortmunder Friedensplatz.
Auch in Baden-Württemberg mussten mehrere hunderttausend Menschen das Verkehrsmittel wechseln. Busse und Straßenbahnen blieben in den Depots. Betroffen waren nach Angaben von Verdi Stuttgart, Esslingen und Karlsruhe. Arbeitsniederlegungen gab es auch in mehreren Krankenhäusern, Kindertagesstätten und Verwaltungen. Allein in Stuttgart blieben nach Angaben der Stadt 85 Prozent aller städtischen Tageseinrichtungen für Kinder geschlossen.
In Thüringen legten nach Verdi-Angaben 500 Beschäftigte in Rathäusern, Landratsämtern und Bundeswehrkasernen die Arbeit nieder. Schwerpunkte des befristeten Ausstands waren Gera, Gotha und Erfurt.