Mehr rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr
Berlin (dpa) - Die Zahl rechtsextremistischer Vorkommnisse bei der Bundeswehr ist nach Jahren des Rückgangs 2012 wieder leicht gestiegen. Nach dpa-Informationen wurden bis Mitte Dezember 66 Vorfälle mit Verdacht auf einen rechtsextremen Hintergrund gemeldet.
m gesamten Vorjahr waren es 63 - der niedrigste Stand seit Anfang der 90er Jahre. Bis 2009 wurden Jahr für Jahr noch mehr als 100 rechtsextremistische Vorkommnisse bei der Bundeswehr registriert.
Bei den Verdachtsfällen aus dem laufenden Jahr handelt es sich fast ausschließlich um Propaganda-Delikte wie das Hören rechter Musik, Zeigen des Hitlergrußes, „Sieg Heil“-Rufe oder Hakenkreuz-Schmierereien. 21 der Verdachtsfälle wurden bereits bestätigt, die anderen werden noch geprüft.
Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sieht in den Zahlen keinen Grund zur Beunruhigung. „Die Bundeswehr geht nach meinem Eindruck angemessen mit dem Problem Rechtsextremismus um“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Alle Phänomene, die es in der Gesamtgesellschaft gibt, bleiben auch der Bundeswehr nicht völlig erspart.“ Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte auf Anfrage, die Bundeswehr gehe „entschlossen mit allen zur Verfügung stehenden, auch rechtlichen Mitteln gegen Erscheinungsformen jedweden Extremismus in der Bundeswehr vor“.
Laut Königshaus lassen sich rechtsextremistische Umtriebe von Soldaten seit dem Aussetzen der Wehrpflicht besser unterbinden und sanktionieren. „Seit der Aussetzung der Wehrpflicht hat man die Chance, sich die Leute genauer anzusehen, die in die Truppe kommen“, sagte er. „Wenn solche Fälle entdeckt werden, wird auch konsequent reagiert. Wenn sich herausstellt, dass jemand eine rechtsextremistische Gesinnung hat, dann fliegt der raus.“
Auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold bescheinigte der Bundeswehr, konsequent gegen Rechtsextremisten vorzugehen. „Auf jeden Fall sind die Führungsspitzen der Streitkräfte diesbezüglich sensibilisiert“, sagte er der dpa.
Die Linke Abgeordnete Petra Pau meinte dagegen, dass „immer noch mehr Wachsamkeit und Aufmerksamkeit geboten sind - vor allem, seitdem Neonazis nicht mehr mit Springerstiefeln sofort hervorstechen aus der Masse der Soldaten“. Sie verwies auf einen Medienbericht, nach dem noch in diesem Jahr in Afghanistan ein Verbindungsoffizier eingesetzt worden sein soll, der einer Neonazi-Gruppierung angehört haben soll. Auch für den Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele geht die Bundeswehr nicht entschlossen genug gegen Rechtsextreme vor: „Da ist noch viel Aufklärungsarbeit und Umdenken nötig.“
Die Zahl rechtsextremistischer Vorkommnisse wird in den Jahresberichten des Wehrbeauftragten veröffentlicht. In den 90er Jahren war sie drastisch gestiegen - bis auf einen Höchststand von 320 Fällen im Jahr 1998. Die parlamentarischen Untersuchungen zu den Neonazi-Morden haben das Thema Rechtsextremismus bei der Bundeswehr wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Der spätere Rechtsterrorist Uwe Mundlos war Mitte der 90er Jahre als Wehrpflichtiger zweimal befördert worden, obwohl er bei der Bundeswehr als Rechtsextremist bekannt war und ein Strafverfahren gegen ihn lief.