Merkel gegen Schwarz-Grün - Auch Grüne skeptisch
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat allen Spekulationen über ein künftiges Regierungsbündnis zwischen Union und Grünen eine Absage erteilt. Mit dem liberalen Koalitionspartner gebe es eine deutlich größere Übereinstimmung als mit den Grünen.
„Für mich ist die Gemeinsamkeit zwischen FDP und der Union weitaus größer als mit den Grünen“, sagte die Parteivorsitzende am Samstag in Berlin vor rund 140 CDU-Kreisvorsitzenden. Auch mehrere Grünen-Politiker versuchten, Spekulationen über eine schwarz-grüne Koalition nach der nächsten Bundestagswahl zu stoppen.
Merkel warb bei der Parteibasis für ihren auch in den eigenen Reihen umstrittenen Ausstieg aus der Atomkraft und die schwarz-gelbe Energiewende. Vertreter aus den CDU-Kreisverbänden stützten diesen Kurs, kritisierten aber eine mangelhafte Erklärung der Kehrtwende innerhalb nur weniger Monate. Sie warnten, mit ständigen Positionswechseln werde die Haltbarkeit von Entscheidungen immer mehr verkürzt, Stammwähler sowie Parteimitglieder verprellt. Die CDU dürfe nicht wieder zum Kanzlerwahlverein verkommen.
Zu Spekulationen über Schwarz-Grün sagte Merkel: „Wenn wir uns für Koalitionen aussprechen, dann sprechen wir uns da aus, wo die meisten Überlappungsmengen sind.“ Die FDP sei auf dem Weg, dass die Koalition ein paar Dinge gemeinsam lösen könne. „Wir sind dazu jedenfalls fest entschlossen.“ Mitten in der laufenden Wahlperiode sollte die Union aber ihre Hausaufgaben so machen, dass sie anschließend wieder sehr stark ist, sagte die Parteichefin.
Zuletzt hatten sich der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Stuttgart und Merkel gegenseitig gelobt. Dagegen sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der „Rheinischen Post“, Ziel grüner Politik sei, die schwarz-gelbe Koalition rückstandsfrei abzulösen. „Die Kanzlerin ist die Kanzlerin der schlechtesten Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik.“
Auch Sachsens Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau hält trotz des Atomausstiegs nichts von Debatten über Schwarz-Grün. „Unabhängig von Koalitionen geht es um einen breiten demokratischen Konsens“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Da seien Rückschlüsse auf mögliche Bündnisse völlig fehl am Platz. Der bisherige Grünen-Vorsitzende in Rheinland-Pfalz, Daniel Köbler, sagte der dpa: „Nach dem Stand von heute sehe ich keine Perspektive auf Bundesebene mit der CDU.“
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte „Bild am Sonntag“: „Angela Merkel wird wohl erkennen, dass Herr Kretschmann als Trojanisches Pferd der Grünen ins Lager der Konservativen geschoben wird. Bürgerlich mag sein Auftreten sein, seine Politik in Baden-Württemberg ist es allerdings nicht.“
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte dem Blatt: „Die schwarz-gelbe "Liebesheirat" hat sich längst als zerrüttete Zwangsehe erwiesen. Nun flirtet die Kanzlerin ein bisschen mit Herrn Kretschmann - aber nicht zu doll, denn sie erinnert sich noch gut daran, wie das schwarz-grüne Bündnis in Hamburg geendet ist: Mit einer absoluten Mehrheit für die SPD.“
Eine Mehrheit der Anhänger von CDU und CSU kann sich nach einer Emnid-Umfrage für das Magazin „Focus“ eine schwarz-grüne Koalition im Bund vorstellen. 58 Prozent favorisierten Schwarz-Grün, 38 Prozent lehnten dies ab. Bei den Grünen-Wählern verhalte es sich umgekehrt: 33 Prozent könnten sich mit Schwarz-Grün anfreunden, 64 Prozent hielten nichts davon. In der CDU-Zentrale hieß es laut „Focus“, dieses Ergebnis decke sich nicht mit den Reaktionen von Mitgliedern. In Mails und Briefen seien Koalitionsspekulationen kein Thema.
Die Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth sprach sich im „Spiegel“ für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit auf Bundesebene aus. In vielen wichtigen Bereichen gebe es die gleichen Vorstellungen - etwa in der Familienpolitik, bei Lösungsmodellen für den demografischen Wandel und mit dem Atomausstieg auch in der Energiepolitik.
Nach einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ verlieren die Unionsparteien bei den Wählern spürbar an Zustimmung. Im aktuellen „Sonntagstrend“ kamen CDU/CSU auf 32 Prozent - 2 Punkte weniger als vor einer Woche. Die FDP erholte sich hingegen um einen auf 5 Zähler. Im Oppositionslager verbesserten sich die Grünen auf 23 (+1) und die Linke auf 9 (+1). Die Sozialdemokraten büßten im Vergleich zur Vorwoche einen Zähler ein und kommen auf 25 Prozent.