Merkel plant Wahlgeschenke von 28,5 Milliarden Euro

Berlin (dpa) - Die Koalitionsparteien haben etliche Projekte in ihre Wahlprogramme geschoben - auch weil sich CDU, CSU und FDP oft nicht einig waren. Die Kanzlerin muss nun Oppositions-Vorwürfe kontern, sie wolle den Wahlsieg kaufen.

Auch die FDP poltert.

CDU-Chefin Angela Merkel bekräftigte nach Meldungen über Wahlversprechen im Gesamtvolumen von 28,5 Milliarden Euro ihren Sparkurs. Zugleich werde in Zukunftsprojekte investiert. Wenn es zu einer weiteren Regierung unter Führung der Kanzlerin komme, sei sichergestellt, „dass dieser Kurs beibehalten werden wird, weil er Deutschland gut getan hat in den letzten Jahren“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe versprach: „Solide Finanzen bleiben eine Kernaufgabe der Politik und ein Markenzeichen der Union.“

SPD und Grüne nutzten einen Bericht des „Handelsblattes“ zu Wahlkampfattacken. Darin waren die finanziellen Folgen einiger von der CDU geplanter und zum Teil in Parteitagsbeschlüssen fixierter Projekte hochgerechnet worden. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring kritisierte den Koalitionspartner. Er sagte der „Bild“-Zeitung: „Spendierhosen mögen in Mode sein, führen aber nur zu höheren Staatsschulden oder höheren Steuern.“

Das Bundesfinanzministerium errechnete nach Angaben der Zeitung, eine Erhöhung des Grundfreibetrags für Kinder auf das Niveau von Erwachsenen sowie eine entsprechende Erhöhung des Kindergeldes würden Mehrausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Euro verursachen. Die Anhebung war auf dem CDU-Parteitag in Hannover im Dezember zur Stärkung von Ehe und Familie beschlossen worden. Ob und wie weit die Parteitagsbeschlüsse nach einem Wahlsieg Regierungspolitik und umgesetzt werden, ist jedoch offen.

Das „Handelsblatt“ berichtete über eine Telefon-Fragestunde Merkels mit Parteimitgliedern vom Dienstagabend. Darin hatte sie sich zu mehreren Themen geäußert, die zum Teil nach Streit mit ihren Koalitionspartnern CSU und FDP in der laufenden Legislatur nicht mehr umgesetzt worden waren. Manche Projekte wie die von der CSU durchgesetzte Mütterrente sollen nun ins gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufgenommen werden, das am 23. und 24. Juni beschlossen werden soll.

Die Zeitung schreibt, die Mütterrente sowie Verbesserungen bei der Berufsunfähigkeitsrente würden den Haushalt sowie die Rentenversicherung je nach Modell langfristig jährlich mit bis zu 20 Milliarden Euro belasten. Ferner habe Merkel zugesichert, dass sie bei einem Wahlsieg in den kommenden vier Jahren jährlich eine Milliarde Euro mehr in die Infrastruktur investieren wolle.

In der Union wurde angesichts der genannten 28,5 Milliarden Euro von einer nicht unrealistischen Zahl gesprochen. Dies gelte aber nur, wenn sämtliche geplante Vorhaben zu einem konkreten Stichtag umgesetzt werden würden. Dies sei aber nie geplant gewesen oder angekündigt worden.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warnte vor einem „Wahlbetrug mit Ansage“. Was Merkel nun verspreche, „hätte sie längst umsetzen können“. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sprach von leeren Versprechungen. Auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) äußerte sich in der Zeitung „Die Welt“ kritisch: „Wir können nicht gleichzeitig gegen grüne Pläne für Steuererhöhungen wettern und selbst neue Ausgaben planen.“ Der Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale, Lasse Becker, sprach bei „Handelsblatt Online“ von einer „Versprechens-Orgie“ Merkels.