Millionen Rentner können auf kräftige Erhöhung hoffen

Berlin (dpa) - Auf die gut 20 Millionen Rentner in Deutschland kommt im nächsten Jahr voraussichtlich die kräftigste Rentenerhöhung seit zwei Jahrzehnten zu. Vor allem die gute Wirtschaftslage beschert den Ruheständlern nach bisherigen offiziellen Schätzungen eine Anhebung von vier bis fünf Prozent.

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Auch ein statistischer Sondereffekt macht sich dabei bemerkbar. Eine genaue Schätzung folgt Ende des Monats.

Nach einer vorläufigen Prognose vom Juli könne es ein Plus der Altersbezüge um 4,35 Prozent im Westen und um 5,03 Prozent im Osten geben, berichtete die „Frankfurter Rundschau“. Ein West-Ruheständler mit einer Brutto-Standardrente von 1314 Euro nach 45 Beitragsjahren käme somit auf einen Zuschlag von rund 57 Euro im Monat. Derart kräftige Anhebungen hatte es zuletzt 1993 gegeben.

Bei den Zahlen handele es sich lediglich um Schätzungen, sagte ein Sprecher des Bundessozialministeriums. Experten der Deutschen Rentenversicherung, des Ministeriums und des Bundesversicherungsamts kommen in diesem Monat für eine aktuelle, offizielle Schätzung zusammen. Genau feststehen wird die zur Jahresmitte 2016 anstehende Rentenanpassung wie üblich erst im Frühjahr.

Bereits der Rentenversicherungsbericht 2014 war von einer Anpassung von 4,5 Prozent in Westdeutschland 2016 ausgegangen. Im Juni hatte der Vertreter der Arbeitgeber im Vorstand der Rentenversicherung, Alexander Gunkel, ein Plus um 4 Prozent als möglich bezeichnet.

Klar sei, dass die gute Wirtschaftslage und der hohe Stand der Beschäftigung sich positiv für Rentner auswirke, so der Ministeriumssprecher. „Wenn mehr Menschen in Arbeit kommen und die Löhne steigen, dann haben daran auch die Rentner ihren Anteil.“

Ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Bund sagte: „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch mehrere Unbekannte.“ Dazu zähle die Entwicklung der Löhne.

Andere Faktoren sind klarer. So ist ein wichtiger Grund für das Rentenplus, dass ein einmaliger Statistikeffekt ausgeglichen wird. Aufgrund von EU-Vorgaben war für 2015 das für die Berechnung zentrale Niveau der Durchschnittslöhne niedriger ausgefallen. Mit knapp 0,3 Prozent positiv auswirken werde sich zudem die Beitragssatz-Senkung um 0,2 Punkte auf 18,7 Prozent Anfang des Jahres, erläuterte der Sprecher der Rentenversicherung.

Skeptisch äußerte sich der Sozialverband VdK. Zwischen Herbstprognosen und Rentenerhöhungen lägen oft große Unterschiede, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnte, auf die Rentenkasse Rücksicht zu nehmen. Die Erhöhung 2016 zeige, wie verlässlich die gesetzliche Rentenversicherung sei, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Deutschen Presse-Agentur. Die Entwicklung müsse für eine Stärkung der Rentenfinanzen genutzt werden. „Wer jetzt nach Beitragssenkungen ruft, betreibt kurzsichtige Kirchturmpolitik.“

Die Opposition kritisierte, die Regierung nehme in Kauf, dass die gesetzliche Rente die Betroffenen immer weniger vor Armut schütze. Die Steigerung gleiche die realen „Kürzungen“ der vergangenen Jahre nicht aus, sagte der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald. Der Grünen-Rentenpolitiker Markus Kurth kritisierte, statt das Rentenniveau zu stabilisieren und Vorsorge zu treffen, habe die Koalition Mütterrente und Rente ab 63 in Kraft gesetzt.